Von Valeria Nickel, Mauritius Kloft – aktualisiert am 04.06.2024
Wie schön ist es, als Anlegerin oder Anleger Ihr Geld für sich arbeiten zu lassen? Allerdings wird die Freude über
Zinsen, Dividenden und Kursgewinne schnell getrübt: Denn Sie müssen Abgeltungssteuer auf alle Kapitalerträge zahlen. Wir
erklären, was Sie dabei beachten sollten.
Freistellungsauftrag einrichten:
So geht es!
Alles rund um die Geldanlage:
Hier entlang
Die Abgeltungssteuer (eigentlich „Abgeltungsteuer“, seltener „Kapitalertragssteuer“) ist eine Steuer auf Kapitalerträge
im Privatvermögen. Damit sind jegliche Einnahmen gemeint, die Anleger durch Investitionen erwirtschaften – etwa
Dividenden von Aktien oder Zinsen auf Sparkonten[1]. Mehr dazu
lesen Sie hier.
Die Abgeltungssteuer beträgt pauschal 25 %. Hinzu kommt der Solidaritätszuschlag (Soli) in Höhe von 5,5 % und
ggf. 8 % bis 9 % Kirchensteuer[2]. Sowohl Solidaritätszuschlag als auch Kirchensteuer werden auf
den
25-prozentigen Steuerbetrag aufgeschlagen. Der Soli wurde zwar für 90 % der Einkommensteuerzahler abgeschafft – auf
Kapitaleinkünfte gilt er aber weiterhin.
Steuer | Steuersatz |
---|---|
Abgeltungsteuer | 25 % |
Solidaritätszuschlag | 5,5 % (auf 25 %, also 1,375 %) |
ggf. Kirchensteuer | 8 % bis 9 % |
effektive Steuerlast | 26,375 % bis 27,995 % |
Wie funktioniert die Abgeltungssteuer genau?
Ihre Bank behält im Regelfall die Abgeltungssteuer direkt ein und führt sie an das Finanzamt ab. Das gilt ebenfalls für
Erträge aus ausländischen Wertpapieren, wenn Sie diese in einem inländischen Depot verwahren.
Weil sie bereits an ihrem Ursprung abgezogen wird, zählt die Abgeltungssteuer zu den Quellensteuern. Man spricht von
einer „abgeltenden Wirkung“. Daher rührt auch der Name der Steuer. Sie müssen die erwirtschafteten Erträge also nicht
mehr in der Steuererklärung angeben. Wann das dennoch sein muss, lesen Sie hier.
Sparerpauschbetrag
Aufwendungen wie Depot- oder Bearbeitungsgebühren werden pauschal über einen sogenannten Sparerfreibetrag (auch
Sparerpauschbetrag oder kurz Freibetrag genannt) in Höhe von 1.000 € bei Singles bzw. 2.000 € bei Ehegatten (Stand 2024)
berücksichtigt. Um ihn zu nutzen, müssen Sie einen Freistellungsauftrag bei Ihrer Bank einrichten. Wie Ihnen das
gelingt, lesen Sie in diesem Beitrag.
Überschüssige Steuerbeträge, die durch das zuständige Finanzinstitut als Quellensteuer abgeführt wurden, können Sie im
Folgejahr in Ihrer Steuererklärung geltend machen. Das zuständige Finanzamt ist in diesem Fall dazu verpflichtet, den
unrechtmäßig erhaltenen Steuerbetrag an Sie zurückzuerstatten.
Auch Kinder haben jeweils ihren eigenen Sparerpauschbetrag von 1.000 €. Wer zum Beispiel für die spätere Ausbildung
des
Kindes oder den Start ins selbstständige Leben anlegt, kann diese über die Steuer-ID des Kindes laufen lassen und so den
Freibetrag sinnvoll nutzen.
Unterschied Abgeltungssteuer und Kapitalertragsteuer
Die Begriffe Kapitalertragsteuer und Abgeltungssteuer werden oft synonym verwendet. Sie beziehen sich jedoch auf
unterschiedliche Methoden der Steuerabführung – nicht aber auf verschiedene Steuersätze. In Deutschland wird die
Abgeltungssteuer direkt von Banken oder Anbietern auf Kapitalerträge einbehalten und an das Finanzamt überwiesen.
Wenn diese Steuern nicht automatisch einbehalten und abgeführt werden, spricht man von Kapitalertragsteuer. Das ist
typischerweise bei ausländischen Banken oder Anbietern der Fall. Sie als Anlegerin oder Anleger müssen die Erträge in
der Steuererklärung angeben (siehe unten).
Unter die Abgeltungssteuer fallen fast alle Erträge, die Sie aus Kapitalgeschäften und Sparvermögen erwirtschaften. Ein
Überblick:
Besonderheit: Thesaurierende Investmentfonds
Seit 2018 unterliegen alle Publikumsfonds der Abgeltungssteuer – sowohl die Gewinne beim Verkauf der Anteile als auch
die Erträge. Eine Besonderheit greift bei thesaurierenden Fonds. Bei ihnen werden die laufenden Erträge wieder in den
Fonds investiert.
Hier wird die Abgeltungsteuer auf die sogenannte Vorabpauschale fällig[3] – die speziell berechnet wird.
Allerdings greift die Teilfreistellung. Deshalb ist bei bestimmten Fonds ein gewisser Ertragsanteil steuerfrei. Wie
viel, hängt von der Fondsart ab:
Die Abgeltungssteuer zu berechnen, ist nicht sonderlich schwer. Wir zeigen es Ihnen am besten anhand eines Beispiels –
mit und ohne Kirchensteuer:
Eine alleinstehende Anlegerin hat 75.000 € auf einem Festgeldkonto angelegt und einen Ertrag von 6.400 €
erwirtschaftet.
Sie hat bei Ihrer Depotbank einen Freistellungsauftrag in Höhe von 1.000 € eingerichtet – also den vollen
Sparerpauschbetrag ausgeschöpft.
Die fällige Abgeltungssteuer berechnet sich wie folgt[4]:
Ertrag von 6.400 € – Sparerpauschbetrag von 1.000 € = 5.400 €
Die Höhe der steuerpflichtigen Kapitalerträge liegt folglich bei 5.400 €.
Ohne Kirchensteuer
Auf den Betrag von 5.400 € wird die Abgeltungssteuer von 25 % fällig.
25 % x 5.400 € = 1.350 €
Für die Berechnung des Soli:
5,5 % x 1.350 € = 74,25 €
Folglich bleibt der Anlegerin:
6.400 € – 1.350 € – 74,25 € = 4.975,75 €
Mit Kirchensteuer
Gehen wir nun davon aus, dass die Anlegerin Kirchenmitglied in Nordrhein-Westfalen ist. Hier wird ein Kirchensteuersatz
von 9 % fällig (in Baden-Württemberg und Bayern sind es 8 %).
Zunächst wird die Abgeltungssteuer um 25 % der auf die Kapitalerträge entfallenen Kirchensteuer gemindert
(Sonderausgabenabzug) und schlagen die Kirchensteuer auf[5].
Sie rechnen folglich:
100
4 + 0,09
= 24,45 %
Anschließend rechnen wir mit diesem Prozentsatz weiter. Um die Abgeltungssteuer zu ermitteln, multiplizieren wir ihn
mit
dem steuerpflichtigen Betrag:
24,45 % x 5.400 € = 1.320,3 €
Für die Berechnung des Soli:
5,5 % x 1.320,3 € = 72,62 €
Für die Berechnung der Kirchensteuer:
9 % x 1.320,3 € = 118,83 €
Insgesamt ergibt sich:
6.400 € – 1.320,3 € – 72,62 € – 118,83 € = 6.400 € – 1.511,75 € = 4.888,25 €
Also liegt der effektive Steuersatz bei:
1.511,75 €
5.400 €
= 27,995 %
Wenn Ihre Kapitalerträge nicht von der Kapitalertragsteuer erfasst und an das Finanzamt überwiesen wurden, müssen
Sie sie grundsätzlich in der Anlage KAP angeben[6]. Das kommt in folgenden
Situationen vor:
Ausländisches Depot
Wenn Sie Geld in einem ausländischen Depot oder Konto angelegt haben, werden von ausländischen Banken und
Fondsgesellschaften keine Abgeltungssteuern einbehalten.
Privatdarlehen
Wenn Sie Zinsen aus einem Privatdarlehen erhalten haben, unterliegen diese der Abgeltungssteuer. Das gilt
selbst bei Transaktionen zwischen Angehörigen.
Kirchensteuer auf Kapitalerträge
Wenn Sie Kirchenmitglied sind, müssen Sie zusätzlich zur Abgeltungssteuer Kirchensteuer auf Ihre Erträge
zahlen. Im Normalfall wird diese Steuer von Ihrer Bank einbehalten. Wenn Sie jedoch widersprochen haben,
müssen Sie die Kapitalerträge in der Anlage KAP angeben. Die Kirchensteuer wird dann über Ihre
Steuererklärung festgesetzt.
Veranlagungswahlrecht
Verdienen Sie unter ca. 20.000 € im Jahr, haben Sie einen niedrigeren persönlichen Steuersatz, der
sogar
unter dem Abgeltungssteuersatz von 25 % liegen kann. Um das Veranlagungswahlrecht zu nutzen, können
Sie
die Kapitaleinkünfte in der Einkommensteuererklärung angeben. Ihre Kapitalerträge werden mit Ihrem
persönlichen Einkommensteuersatz besteuert, sofern dieser niedriger ist als der Satz von 25 %
Abgeltungsteuer. Allerdings werden sämtliche Kapitalertragsarten auf diese Art versteuert. Das Finanzamt
prüft, was besser für Sie ist – das nennt sich Günstigerprüfung.
Einige Anlageklassen unterliegen nicht der Abgeltungssteuer. Eine Übersicht:
Edelmetalle und andere Sachwerte
Der Verkauf von Edelmetallen wie Gold, Silber, Platin und Palladium gilt als privates
Veräußerungsgeschäft mit einer Freigrenze von 600 €[7]. Gewinne
daraus müssen Sie in der Steuererklärung als „sonstige Einkünfte“ angeben. Halten Sie Edelmetalle länger als ein Jahr,
sind alle Gewinne steuerfrei. Das Gleiche gilt für Veräußerungsgewinne mit Schmuck, Uhren Briefmarken, Münzen,
Kunstgegenständen oder Oldtimern.
Immobilien
Bei selbstgenutzten Immobilien entfällt
die Steuer auf den Veräußerungsgewinn. Bei vermieteten Immobilien ist der Gewinn
nach einer Spekulationsfrist von zehn Jahren
steuerfrei.
Lebensversicherungen
Für Kapitallebensversicherungen oder fondsgebundene Rentenversicherung
greifen bestimmte Regeln, die vom
Abschlussdatum und der Vertragslaufzeit abhängen.
Alte Fondsanteile
Veräußerungsgewinne bei Alt-Anteilen von Investmentfonds – also solche, die Sie vor dem 01.01.2009 erworben haben –
waren bis Ende 2017 steuerfrei, sofern sie mindestens ein Jahr gehalten wurden. Seit 2018 greift derweil ein Freibetrag
von 100.000 € pro Person. Veräußerungsgewinne, die den Freibetrag überschreiten, müssen Sie versteuern.
Selbstverständlich lautet die erste Frage bei allen Steuertipps: Können Sie die Steuerlast minimieren? Ja, das ist
möglich. Wir haben für Sie drei zentrale Tipps:
1. Freistellungsauftrag
Durch einen Freistellungsauftrag bei Ihrer Depotbank, Sparkasse, Bausparkasse oder Versicherung können Sie Ihren
Kapitalertrag ohne Abzug der Steuer erhalten[8]. Sie sollten daher dafür sorgen, dass Sie am
besten schon bei Konto- oder
Depoteröffnung einen Freistellungsauftrag erteilen. So nutzen Sie den Ihnen zustehenden Freibetrag und vermeiden von
Anfang an überflüssige Steuerzahlungen.
Oft haben Anleger mehrere Konten und Anlagen. Daher lohnt es sich für Sie, die Freibeträge sinnvoll zu splitten und
geschickt auf die verschiedenen Sparbücher, Tagesgeldkonten und Aktiendepots zu verteilen.
Im Idealfall wird bei keinem Konto der Sparerpauschbetrag überschritten. Im weniger idealen Fall liegt der Ertrag bei
einem Konto unter dem Freibetrag, während der andere darüber liegt. Das sollten Sie vorher überschlagen und berechnen.
Denn die von Ihnen erteilten Freistellungsaufträge dürfen in der Summe nicht den Ihnen zustehenden Sparerfreibetrag
überschreiten.
2. Nichtveranlagungsbescheinigung
Wenn Sie nicht einkommensteuerpflichtig sind, weil Sie ein sehr geringes Einkommen (unterhalb des steuerlichen
Grundfreibetrags von 11.604 €) beziehen, sind Sie nicht verpflichtet, Kapitalertragssteuer zu zahlen. In diesem
Fall
können Sie für Ihre Kapitalerträge eine Nichtveranlagungsbescheinigung (NV-Bescheinigung) bei Ihrem zuständigen
Finanzamt beantragen. Die Nichtveranlagungsbescheinigung dient dazu, dass auf Kapitalerträge keine Kapitalertragsteuer
einbehalten wird[9].
Nichtveranlagungsbescheinigungen können maximal für eine Gültigkeitsdauer von drei Jahren ausgestellt werden. Die
Gültigkeit endet zum 31. Dezember des betreffenden Jahres.
3. Verlustverrechnung
Eine weitere Möglichkeit, Steuern zu senken, ist es, den Gewinn zu verringern. Das geht durch die Verrechnung von
Gewinnen mit Verlusten[10].
Beachten Sie: Es können nur Gewinne und Verluste aus derselben Einkunftsart miteinander verrechnet werden. Sie können
folglich nicht die Erträge eines Tagesgeldkonto mit den Verlusten aus einem Aktiendepot verrechnen. Übersteigen die
Verluste innerhalb eines Jahres die Gewinne, können sie mit zukünftigen Gewinnen verrechnet werden.
Beispiel für die Verrechnung von Verlusten
Angenommen, Sie realisieren Gewinne aus Kapitalerträgen von insgesamt 6.000 €, der Freibetrag ist bereits
abgezogen. Sie
unterliegen nicht der Kirchensteuer und sind daher verpflichtet, 1.582,50 € Steuern auf Ihren Gewinn zu zahlen. Im
Beispiel wird unterstellt, dass Sie innerhalb des gleichen Zeitraums Verluste aus Kapitalerträgen in Höhe von
2.000 €
gemacht haben.
Der Gewinn kann nun durch den Verlust bereinigt werden, sodass der Gesamtbetrag der realisierten Gewinne auf
4.000 €
sinkt. Damit liegt die tatsächlich zu entrichtende Steuer bei lediglich 1.055 €. Das Finanzamt muss Ihnen hingegen
einen
Betrag von 527,50 € erstatten.
Beträge | zu entrichtender Steuerbetrag | |
---|---|---|
Gewinn | 6.000 € | 1.582,50 € |
Verlust | 2.000 € | –527,50 € |
tatsächlich realisierter Gewinn | 4.000 € | 1.055 € |
Bild-Copyright: © PantherMedia / StudioLaMagica
Quellenangaben