Von Mauritius Kloft – aktualisiert am 11.04.2023
Flugzeuge verbinden die Welt, sie bringen Menschen von einem Ort zum anderen. Quer über Kontinente. So romantisch diese
Vorstellung ist – es steckt auch ein Milliardengeschäft in der Luftfahrtbranche. Flugzeugfonds locken
mit dem
Versprechen, von diesem Geschäft zu profitieren und hohe Erträge einzufliegen.
Doch das kann für Sie schnell riskant werden. Denn Flugzeugfonds gelten als spekulative Anlage. Im folgenden Beitrag
erklären wir, wie Flugzeugfonds genau funktionieren, zeigen, welche Risiken bei einem Investment drohen – und was Sie
bei einer Beteiligung an einem Flugzeug beachten sollten.
Ein Flugzeugfonds ist – vereinfacht gesagt – ein Investmentfonds,
der in Flugzeuge investiert. Sie als Anlegerinnen und
Anleger können Anteile an dem Fonds erwerben. Genauer gesagt finanzieren Sie – gemeinsam mit einer kreditgebenden Bank –
ein oder mehrere Flugzeuge und werden so direkt an den Einnahmen aus den betriebenen Flugzeugen beteiligt[1]. Weil
Flugzeugfonds wie Immobilienfonds, Schiffsfonds oder Containerfonds in Sachwerte investieren, zählen sie zu den
alternativen Investmentfonds (AIF).
Konkret funktioniert ein Flugzeugfonds so: Der Fonds verleiht die erworbenen Flugzeuge an Fluggesellschaften gegen
regelmäßige Leasingraten, verleast sie also. Diese Einkünfte sollen zur Finanzierung der Flugzeugkosten verwendet werden
(siehe unten) und die Basis für die Rendite der Anlegerinnen und Anleger sein. Man spricht daher auch von Leasingfonds
oder Flugzeugleasingfonds. Nach einer bestimmten Laufzeit kann der Fonds die Maschinen verkaufen. Ein entsprechender
Verkaufserlös soll ebenfalls in die Erträge für die Anlegerinnen und Anleger fließen.
In der Regel wird bei dem Leasingfonds zwischen zwei Modellen unterschieden – dem Finance Leasing oder dem Operating
Leasing[2]. Ein Überblick:
Grundsätzlich wird zu Beginn des Leasingfonds ein Leasingvertrag abgeschlossen. Läuft dieser aus, ist offen, ob und zu
welchen Konditionen ein neuer geschlossen werden kann.
Flugzeugfonds sind geschlossen – was das für Sie bedeutet
Flugzeugfonds sind in der Regel als geschlossene Fonds konzipiert. Die Anteile werden folglich nicht an der Börse
gehandelt. Vielmehr hat der Fonds eine festgeschriebene Laufzeit, die meist zwischen 10 und 20 Jahren liegt. Konkret
werden Sie bei geschlossenen Fonds zum Unternehmer, Sie werden als Kommanditist an Gewinnen und Verlusten eines
Flugzeugfonds direkt beteiligt. Dadurch kann das eingezahlte Kapital im schlimmsten Fall verloren gehen.
Flugzeugfonds bergen große Risiken für Sie als Anlegerin oder Anleger. So ist die Rückgabe eines Fondsanteils an das
Emissionshaus vor dem Laufzeitende im Regelfall nicht möglich. Ihren Anteil werden Sie nur über den weitgehend
unregulierten Zweitmarkt los, bei dem die Beteiligungen oftmals mit hohen Abschlägen gehandelt werden.
Zudem liegen die Mindestanlagebeträge bei Flugzeugfonds wie bei anderen geschlossenen Fonds in der Regel bei
mehreren
Tausend Euro. Welche Risiken es noch beim Investment in Flugzeugfonds gibt, lesen Sie im nächsten Abschnitt.
Bei einem Investment in Flugzeugfonds müssen Sie einige Risiken in Kauf nehmen. Eine Übersicht:
Betriebsrisiko
Der Betrieb eines Flugzeuges gilt als sehr komplex. Für viele Anlegerinnen und Anleger ist eine solche
Geldanlage daher schwer einzuschätzen, sie kennen Vorzüge und Nachteile der jeweiligen Maschinen oftmals
kaum.
Marktrisiko
Die Entwicklung von Flugzeugfonds hängt stark von der Entwicklung der allgemeinen Konjunktur ab – und der
Entwicklung der Luftfahrtbranche im Speziellen. Fällt das Passagieraufkommen, etwa durch einen externen
Schock wie die Corona-Pandemie, haben Anlegerinnen und Anleger oft das Nachsehen. Solche Marktrisiken lassen
sich nicht vorhersagen. Offen ist zudem, wie die Zukunft der Branche insgesamt aussieht. So gilt die
Luftfahrtbranche als starker CO2-Emittent und sieht sich immer stärkeren gesetzlichen Regularien
unterworfen[3].
Liquiditätsrisiko
Da es sich bei einem Flugzeugfonds um eine geschlossene Beteiligung handelt, ist es für Sie nicht möglich,
Ihren Anteil regulär vor dem Ende der Fondslaufzeit loszuwerden. Sie haben lediglich die Möglichkeit, Ihren
Fondsanteil auf dem weitgehend unregulierten Zweitmarkt zu veräußern. Auf einer solchen Fondsbörse können
Sie einstellen, was Sie für Ihren Anteil erhalten möchten – Interessenten unterbreiten Ihnen dann eine
Kaufofferte. Da das Angebot die Nachfrage meist deutlich übersteigt, sollten Sie mit einem saftigen Abschlag
auf den ursprünglichen Preis rechnen. Sie werden voraussichtlich Verluste schreiben. In bestimmten Fällen
können Sie auch Schadensersatz von der Fondsgesellschaft verlangen – und so die Rückabwicklung verlangen
(siehe unten). Inwiefern das jedoch Aussicht auf Erfolg hat, ist offen.
Leasingrisiko
Es ist unklar, ob nachfolgende Leasingverträge geschlossen werden und wie die konkreten Konditionen hier
aussehen. Etwaige Betriebsrisiken sollte der Leasingfonds daher einkalkulieren – etwa Schäden am Flugzeug –
und sich bei der Verleasung dagegen versichern lassen oder die Haftung auf den Leasingnehmer übertragen. Es
ist zudem möglich, dass der Leasingnehmer zahlungsunfähig wird – und seine Raten nicht mehr zahlen kann. In
diesem Fall hat der Flugzeugleasingfonds zwar das Flugzeug als Gegenwert. Allerdings ist offen, wie viel er
(noch) dafür erhält oder ob er zeitnah weitere Leasingverträge schließen kann. Als Anlegerin oder Anleger sollten Sie also stets die Bonität der Fluggesellschaft im Auge haben.
Veräußerungsrisiko
Beim Auflegen des Flugzeugfonds wird mit einem Verkauf gerechnet. Gut möglich aber, dass der Restwert des
Flugzeuges in dem Fonds nicht so hoch ist wie anfangs kalkuliert. Bei einem geringeren Veräußerungserlös
dürften die Renditen deutlich geringer ausfallen als prognostiziert. Auch Christopher Kress, Fachanwalt für
Kapitalmarktrecht, weist auf dieses Risiko hin. „Bei einem geschlossenen
Immobilienfonds haben Sie im
Insolvenzfall noch die Immobilie als Sachwert zum Verwerten. Bei einem Flugzeugfonds sieht das ganz anders
aus. Sollten etwa die Turbinen des Flugzeuges kaputt gehen, bleibt praktisch nichts mehr vom Ursprungswert
übrig.“
Währungsrisiko
Ein Währungsrisiko entsteht, wenn die Finanzierung in Euro läuft, ein Leasingnehmer aber die Verleasung in
einer anderen Währung zahlt – was oftmals der Fall ist. Je nach Wechselkurs kann es zu Verlusten für den
Fonds kommen und damit für Sie als Anlegerin oder Anleger.
Totalverlustrisiko
Grundsätzlich müssen Sie bei einem Flugzeugfonds stets mit dem Risiko eines Totalverlustes kalkulieren. Geht
ein Fonds insolvent, haften Sie im Zweifelsfall mit Ihrer Einlage. Schließlich werden Sie bei einem
Flugzeugfonds zum Kommanditisten. Gut möglich, dass ein Insolvenzverwalter die vom Fonds getätigten
Ausschüttungen von Ihnen zurückverlangt, um die anderen Gläubiger, etwa eine kreditgebende Bank, zu
befriedigen.
Fachanwalt Kress sieht in erster Linie die Risiken von Flugzeugfonds. Er könne zwar verstehen, dass das Investment in den A380 eindrucksvoll wirke. Der Jumbojet wird zwar seit 2021 nicht mehr produziert, Flugzeugfonds können den Flieger dennoch kaufen. Doch: „Bei Flugzeugfonds
handelt es sich – wie bei allen geschlossenen Beteiligungen – um eine spekulative Anlage mit einem realen
Totalverlustrisiko“, sagt er. „Viele Anleger, die wir vertreten, sind überrascht, wie riskant das Investment tatsächlich
ist. Sie sind verunsichert, sobald die ersten Ausschüttungen der Fonds ausbleiben.“
Besonders in der Corona-Pandemie seien Flugzeugfonds durch die Reisebeschränkungen „sehr unter Druck geraten“, so Kress.
Abgesehen davon sei fraglich, wie sich die Nachfrage nach dieser Geldanlage insgesamt entwickele. „Ich bin skeptisch,
welche Zukunft Flugzeugfonds noch haben. Vor dem Hintergrund der Klimakrise, steigenden Anforderungen an die
Luftfahrtbranche und einem stärkeren Umweltbewusstsein wirken große Flugzeuge wie aus der Zeit gefallen. Sie müssen sich
daher fragen, wie sinnvoll die Investition etwa in einen A380 noch ist“, sagt Kress.
Ich bin skeptisch, welche Zukunft Flugzeugfonds noch haben.
Über den Experten
Christopher Kress ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Partner der
Esslinger KanzleiAslanidis,
Kress & Häcker-Hollmann ,
einer der größten Kanzleien für
Anlegerschutz in Deutschland. Zu seinen Fachgebieten zählen unter anderem geschlossene Beteiligungen
– in dem Zuge hat er viele Prozesse gegen Banken, Anlageberater und Fondsinitiatoren gewonnen. Seine
Kollegen und er vertreten zudem Hunderte Anlegerinnen und Anleger im Rahmen der Wirecard-Insolvenz
oder des Dieselskandals. Kress studierte Rechtswissenschaften sowie forensische Informatik und war
wissenschaftlicher Mitarbeiter an der juristischen Fakultät der Universität Tübingen.
Grundsätzlich gelten Flugzeugfonds als spekulative Assetklasse. Wenn Sie Ihre Risiken breiter streuen, aber dennoch in
die Luftfahrtbranche investieren möchten, können Sie Ihr Geld in Aktien von Airlines oder Hersteller von
Luftfahrttechnik anlegen. Zwar handelt es sich nur um ein indirektes Investment, da Sie nicht direkt an einem Flugzeug
beteiligt sind. Allerdings werden Aktien frei gehandelt – somit können Sie diese im Zweifelsfall jederzeit über die
Börse verkaufen.
Eine Möglichkeit, noch breiter zu streuen, ist nicht der Kauf einzelner Aktien, sondern das Investment in einen ETF. Das
ist ein passiver Fonds, der computergesteuert einen gesamten Aktienindex nachbildet, in dem Fall einen Index aus der
Luft- oder Reisebranche.
Beispiele für Luftfahrt-ETF |
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Bevor Sie in Flugzeugfonds investieren, sollten Sie einiges beachten. Eine Übersicht:
Experte: „Nicht allein auf die Unterlagen des Fonds verlassen“
Jeder Flugzeugfonds in Deutschland unterliegt den Regularien des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB). So müssen die
Wesentlichen Anlegerinformation kurz und bündig die wichtigsten Infos zur Fondsbeteiligung umfassen, standardisiert auf
maximal drei Seiten.
In den Unterlagen des Flugzeugfonds müssen sich in jedem Fall Angaben zum Risiko eines Totalverlustes sowie zur
praktisch unmöglichen Handelbarkeit von geschlossenen Fonds finden[4]. Die Unterlagen werden von der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vor dem Auflegen eines Investmentfonds geprüft, jedoch nur auf Formalien.
Jurist Christopher Kress warnt vor einer falschen Sicherheit. „Sie sollten sich bei einem Flugzeugfonds nicht allein auf
die Unterlagen der Fondsgesellschaft verlassen. Die BaFin prüft nicht die Tragfähigkeit eines Geschäftsmodells, sondern
nur, ob alle Angaben formal korrekt sind.“ Allein die Regulierung durch das KAGB bringe daher keine ausreichende
Sicherheit.
Vielmehr müssten Anlegerinnen und Anleger sich vorab selbst informieren. So muss die Fondsgesellschaft
Ihnen Zugang zu Performanceberichten geben, zum Halbjahres- oder Jahresbericht. Sie sollten sich die Unterlagen gut
durchlesen und kritisch prüfen. Wenn Sie etwas nicht verstanden haben sollten, fragen Sie nach.
„Sie sollten sich genau informieren und im Internet auf unabhängigen Webseiten über die Flugzeugfonds recherchieren“, so
Kress. Und: „Lassen Sie sich nicht von hohen Renditeversprechen blenden. Stecken Sie Ihr Geld nicht unbedacht in einen
Flugzeugfonds.“
Mit der Corona-Krise kam auch die Luftfahrtbranche ins Wanken – und brachte mehrere Fonds zum Absturz. Viele
Anlegerinnen und Anleger verloren ihr investiertes Geld. Doch Sie können sich wehren, zum Teil auch bevor ein Fonds in
Turbulenzen gerät.
Grundsätzlich können Sie versuchen, einen Flugzeugfonds zu kündigen. Dafür müssten Sie nachweisen, dass Sie bei der
Geldanlage in den geschlossenen Fonds falsch beraten worden sind. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn Sie der
Anlagevermittler nicht ausreichend über das Risiko eines Totalverlustes, die Laufzeiten, die kaum vorhandene Liquidität
oder die hohen Kosten für den Kauf des Fondsanteils informiert hat. Ein fehlerhafter Verkaufsprospekt des Flugzeugfonds
kann ebenfalls ein außerordentlicher Kündigungsgrund sein. Womöglich greift auch eine Härtefallklausel.
Anders sieht es bei der Rückabwicklung eines Flugzeugfonds aus. Hier können Sie Schadensersatz von der Anlageberatung
oder der Gesellschaft fordern, wenn der Fonds in Schieflage gerät. Eine Rückabwicklung ist aber nur maximal zehn Jahre
nach Zeichnung des Fonds möglich, danach ist der Anspruch verjährt.
Um Schadensersatz von dem Emissionshaus zu verlangen, müssen Sie nachweisen, dass der Verkaufsprospekt oder die wesentlichen Anlegerinformationen fehlerhaft waren –
dass etwa wichtige Informationen zu den Risiken, den Anlagezielen oder der Fondslaufzeit fehlten oder falsch waren[5].
Sollten Ihr Anlageberater oder Ihre Bank Sie falsch beraten haben, ist es ebenfalls möglich, Schadensersatz zu
verlangen.
„Viele Interessierte sind auf die Anlage gesprungen, weil sie nach Alternativen in der Niedrigzinsphase gesucht haben.
Anlageberater lockten mit hohen Renditen und einer Sicherheit, die Flugzeugfonds angeblich versprechen“, sagt Jurist
Kress. Bei vergangenen Prozessen sei es oft vorgekommen, dass ein Berater die Risiken verschwiegen hat, so Kress.
Finanzberater muss Erfahrungen der Anleger berücksichtigen
„Anlageberater dürfen außerdem nicht die Anlageziele der Investoren missachten. Wenn ein Anleger also für die
Altersvorsorge sparen will, darf ein Berater ihm nicht zu einer geschlossenen Beteiligung raten. Das ist unbillig – und
der Berater kann dafür haftbar gemacht werden. Schließlich handelt es sich um eine spekulative Assetklasse.“
Es könne zudem sein, dass ein Berater die Erfahrungen der Investoren nicht berücksichtigt habe, erklärt Kress. Sollten
Sie das nachweisen können, hätten Sie gute Chancen auf Schadensersatz von Ihrer Bank oder Ihrem Anlageberater. „Außerdem
muss ein Berater Sie über die hohen Weichkosten aufklären, die die Rendite stark senken können – als auch über mögliche
Vermittlungsprovisionen“, so der Fachanwalt. „Insgesamt stehen die Chancen sehr gut, Schadensersatz aus einem
Flugzeuginvestment zu erhalten.“
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