Von Mauritius Kloft – aktualisiert am 29.06.2023
Geschlossene Immobilienfonds gelten als eine besonders riskante Anlageform. Denn – anders als bei offenen – investieren Sie als Anlegerin oder
Anleger lediglich in sehr wenige Immobilien. In bestimmten Fällen sogar nur in eine einzige.
Zudem stellt das Investment in einen geschlossenen Fonds eine unternehmerische Beteiligung dar. Sie
werden zu Miteigentümern, zu Kommanditisten, und daher an den möglicherweise eintretenden Verlusten des Fonds direkt
beteiligt. Doch es gibt noch mehr Risiken bei der Geldanlage in geschlossene Immobilienfonds. Wir zeigen Ihnen, welche
das sind.
Halten Sie Anteile an einem
geschlossenen Fonds? Wann
Sie Ihren Vertrag kündigen können
Von diesen Fonds sollten Sie die
Finger lassen: Zur
Warnliste der Stiftung Warentest
In der Finanzkrise gerieten viele Fonds in Schieflage und mussten liquidiert werden. Daher beschloss die Europäische
Union die Richtlinie für Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Richtlinie). Alternative Investmentfonds (AIF)
sind Fonds, die nicht in Aktien oder Anleihen investieren, sondern in illiquide Vermögensgegenstände
wie Immobilien, Flugzeuge oder Container.
In Deutschland setzte die damalige Bundesregierung die AIFM-Richtlinie durch das
Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) im Jahr 2013 um[1]. Damit gehören geschlossene Beteiligungen nicht mehr zum
grauen Kapitalmarkt. Auch Änderungen für offene Fonds wurden durch das Kapitalanlagegesetzbuch manifestiert.
Regeln für geschlossene Beteiligungen
Folgende Regeln sind für Interessierte geschlossener Immobilienfonds besonders wichtig. Ein Überblick:
Die Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG), die das Fondsmanagement übernimmt, muss potenziellen Investorinnen und
Investoren ausführliche Informationen zum geschlossenen Fonds vorlegen. Dazu zählen etwa die Anlagebedingungen,
der Gesellschaftervertrag, der Verkaufsprospekt sowie die Wesentlichen Anlegerinformationen (wAI). Diese Unterlagen
müssen bestimmte Angaben enthalten[2].
So müssen die Wesentlichen Anlegerinformation kurz und bündig die wichtigsten Infos zur Fondsbeteiligung umfassen,
standardisiert auf maximal drei Seiten. In den Unterlagen der KVG müssen sich in jedem Fall Angaben zum Risiko eines
Totalverlustes sowie zur praktisch unmöglichen Handelbarkeit von geschlossenen Fonds finden[3]. Die Unterlagen werden von
der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vor dem Auflegen des Investmentfonds geprüft[4].
Die Kapitalverwaltungsgesellschaft muss Investoren auch Zugang zu Performanceberichten geben, also zum Halbjahres- oder
Jahresbericht.
Fondsgesellschaften müssen von der BaFin zugelassen werden[5]. Darüber hinaus muss die BaFin erlauben, dass eine KVG einen
geschlossenen Fonds auflegen darf. Sie prüft dazu neben den Unterlagen für potenzielle Investorinnen und Investoren die
finanzielle Situation des Fonds, aber auch die Fähigkeiten und Erfahrungen des Fondsmanagements.
Außerdem muss der Fondsinitiator eine externe Kontrollstelle einrichten. Das bedeutet, einen Notar oder einen
Rechtsanwalt beauftragen, um den Fonds, die Zahlungsströme sowie das Risikomanagement zu überwachen. Die Kontrollstelle
wird wiederum von der BaFin kontrolliert.
Das Kapitalanlagegesetzbuch schreibt vor, dass ein geschlossener Immobilienfonds in mindestens drei Sachwerte
investieren muss, also in drei Immobilien. So soll eine Risikostreuung erreicht werden. Spätestens nach 18 Monaten nach
Vertriebsbeginn muss das geschafft sein. Bis dahin muss die Fondsgesellschaft Anlegerinnen und Anleger in den Unterlagen
darüber informieren, dass aktuell noch nicht in eine gesetzlich vorgeschriebene Zahl von Objekten investiert wird.
Doch es gibt Ausnahmen von der Regelung: So gilt für Fonds, die nicht in mindestens drei Immobilien investieren, eine
Mindestbeteiligung von 20.000 €[6]. So soll Anlegerinnen und Anlegern klargemacht werden, dass der Einstieg
risikobehaftet ist. Auch bei älteren Fonds, die vor 2013 aufgelegt worden sind, ist das Investment in nur eine Immobilie
möglich – ohne die Mindestanlagesumme von 20.000 €. Ohnehin ist fraglich, ob die geringe Anzahl von drei Objekten
eine ausreichende Streuung des Risikos sicherstellen kann (siehe unten).
Bei nach 2013 aufgelegten geschlossenen Immobilienfonds entfallen die Nachschusspflichten. So dürfen die Investmentfonds
nur noch als Kommanditgesellschaft (KG) aufgelegt werden, bei denen es keine Haftung für die Gesellschafter gibt.
Schon vor dem KAGB habe sich der Fondsmarkt verändert, erklärt Christopher Kress, Fachanwalt für Bank- und
Kapitalmarktrecht, im Gespräch mit der Redaktion von BERGFÜRST. So sei die große Mehrheit der geschlossenen
Immobilienfonds am Markt mittlerweile als KG oder als GmbH & Co. KG konzipiert. „Die Haftung mit Privatvermögen ist
heutzutage nur bei sehr alten geschlossenen Immobilienfonds möglich“, sagt der Experte. Das sollten Anleger beachten,
wenn sie erwägen, einen
Fondsanteil über den Zweitmarkt zu kaufen.
Die Kapitalverwaltungsgesellschaft muss die Anlegerinnen und Anleger über mögliche Hebeleffekte aufklären. Diese können
sich ergeben, wenn ein geschlossener Immobilienfonds mithilfe von Krediten, also per Fremdfinanzierung, in Objekte
investiert.
Dadurch kann sich ein Fonds schnell übernehmen, weshalb die Risiken für die Investoren hoch sind. Laut dem KAGB dürfen
Kredite aber nur noch maximal in Höhe von 150 % des Fondskapitals aufgenommen werden, um das Risiko durch die
Hebelung zu reduzieren[7].
Ein geschlossener Immobilienfonds darf nur maximal 30 % seines Kapitals in Immobilien investieren, die einem
Währungsrisiko unterliegen – das bedeutet, Objekte außerhalb der EU. So soll das Risiko von Verlusten durch
Währungsschwankungen reduziert werden.
Nachteile für Anleger bestehen trotz gesetzlicher Regelungen!
Auch wenn geschlossene Immobilienfonds mittlerweile gesetzlich reguliert sind, heißt das noch lange
nicht, dass die
Risiken verschwunden sind. Auch Fachanwalt Kress warnt vor einer falschen Sicherheit. „Es gibt zwar die
Vorschriften
einer breiteren Streuung oder weitergehende Informationspflichten, aber im Kern hat sich nicht viel verändert“, sagt der
Experte.
Die grundsätzlichen Risiken geschlossener Immobilienfonds bestünden weiterhin (siehe unten). „Schwarze Schafe und
menschliche Fehler kann es trotz aller Regulierung noch geben.“ Als Beispiel führt Kress an, dass die BaFin lediglich
die Emissionsunterlagen auf Formalitäten hin prüfe, aber nicht inhaltlich. „Das müssen Anlageberater oder Banken machen
– oder im Zweifel der Anleger selbst“, so Kress weiter. „Man kann jedoch nie sicher sein, dass die Angaben im
Emissionsprospekt zu 100 % stimmen.“
Über den Experten
Christopher Kress ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Partner der
Esslinger
Kanzlei
Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann , einer der größten Kanzleien für
Anlegerschutz in Deutschland. Zu seinen Fachgebieten zählen unter
anderem geschlossene Beteiligungen – in dem Zuge hat er viele Prozesse gegen Banken, Anlageberater
und Fondsinitiatoren gewonnen. Seine Kollegen und er vertreten zudem Hunderte Anlegerinnen und
Anleger im Rahmen der Wirecard-Insolvenz oder des Dieselskandals. Kress studierte
Rechtswissenschaften
sowie forensische Informatik und war wissenschaftlicher Mitarbeiter an der juristischen Fakultät der
Universität Tübingen.
Ohnehin gilt, dass einige der eingeführten Regularien für geschlossene Immobilienfonds, – beispielsweise die Zulassung
durch die BaFin – ausschließlich Fonds ab einem Investitionsvolumen von mehr als 100 Millionen Euro betreffen. Fonds mit
einem geringeren Investitionsvolumen müssen sich lediglich bei der BaFin registrieren. Sie müssen jedoch deutlich
machen, dass für sie bestimmte Regeln nicht greifen und somit mögliche Anlegerinnen und Anleger transparent informieren.
Beim Investment in geschlossene Immobilienfonds gibt es für Sie als Anlegerin oder Anleger eine Vielzahl von
Risikofaktoren, die teilweise zusammenspielen. Eine Übersicht über die schwerwiegenden Nachteile:
Insolvenzrisiko
Das größte Risiko ist, dass der Fonds aufgrund schlechter Wertentwicklung Insolvenz anmelden muss. In diesem
Fall haften Sie als Kommanditist mit Ihrer Einlage. „Bei geschlossenen Fonds besteht ein reelles
Totalverlustrisiko“, sagt Christopher Kress, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht. „Überspitzt gesagt:
Anleger sollten bei geschlossenen Fonds nicht überrascht sein, das eingesetzte Geld zu verlieren. Es handelt
sich um eine hochspekulative Anlage.“
Lange Kapitalbindung
Geschlossene Immobilienfonds weisen in der Regel eine feste Anlagedauer von zehn oder mehr Jahren auf. Dazu
kommt, dass ein Ausstieg aus einer geschlossenen Beteiligung nur schwer möglich ist. So können Sie Ihren
Fondsanteil über eine Fondsbörse veräußern. Doch der Zweitmarkt sei gesetzlich nicht reguliert, erklärt
Anwalt Kress. „Es gibt keine geregelte Börse – und schon gar keine Garantie, einen Käufer für den
Fondsanteil zu finden.“ Im Zweifel müssten Anleger hohe Abschläge in Kauf nehmen, um den Fondsanteil
loszuwerden. Zudem sei es möglich, dass die Laufzeit auf den Gesellschafterversammlungen immer wieder
verlängert werde. „Wir haben Mandanten, die über 20 Jahre oder noch länger auf ihrem Fondsanteil sitzen. Sie
wollen ihren Anteil aus der Not heraus verkaufen, um ihn nicht noch zu vererben.“
Haftungsrisiken
In seltenen Fällen haften Anteilseigner mit ihrem Privatvermögen für die Verluste des Immobilienfonds. Ob
dieses Risiko besteht, hängt vom Alter des Fonds sowie seiner Rechtsform ab. Bei einer
Kommanditgesellschaft (KG) oder einer GmbH und Co. KG – für Fonds ab 2013 – besteht keine
Nachschusspflicht. Sie als Privatanlegerin
oder Privatanleger haften ausschließlich mit Ihrem bereits investierten Kapital – und haben darüber hinaus
keine Einbußen zu befürchten. Bei Gesellschaften des bürgerlichen Rechts (GbR) oder Offenen
Handelsgesellschaften (OHG) – wie Immobilienfonds früher oft aufgelegt waren – kann es bei Verlusten
hingegen durchaus zu Nachschusspflichten kommen. Das bedeutet, Investoren haften über ihre Einlagen hinaus
mit ihrem Privatvermögen. Das aber kommt kaum noch vor.
Hohe Mindesteinlage
Oft können Sie Anteile an geschlossenen Immobilienfonds erst ab einer Investitionssumme von 10.000 €
erwerben. Auf das eingesetzte Kapital haben Sie über Jahre keinen Zugriff – oder gehen mit Verlusten aus der
Beteiligung. In jedem Fall sollten Sie nur Geld in einen geschlossenen Fonds investieren, auf das Sie
verzichten können. Schließlich besteht das Risiko eines Totalverlustes.
Hohe Kosten
Die Verwaltungskosten für geschlossene Immobilienfonds sind meist sehr hoch. Oftmals betragen sie 15 %
bis 20 % Ihrer Anlagesumme. Durch die 2013 eingeführten Regularien und Kontrollen sind die Kosten der
Investmentfonds häufig sogar noch weiter gestiegen.
Geringe Risikostreuung
Zwar gibt es mittlerweile die Regelung für die Fondsgesellschaft, mindestens drei Vermögensgegenstände im
Portfolio zu haben. Doch das reicht im Regelfall nicht, um eine ausreichende Streuung des Risikos zu
garantieren. Zudem ist es immer noch möglich, dass Fonds mit nur einer Immobilie aufgelegt werden.
Fehlende Mitbestimmung
Obwohl Anleger zu Mitgesellschaftern des Immobilienfonds werden, haben sie oft nur eingeschränkte
Mitbestimmungsrechte. Denn viele Investoren seien nur mittelbar an dem Fonds beteiligt, erklärt Jurist
Kress. „Sie treten ihre Mitbestimmungsrechte an einen Treuhänder ab, um sich nicht um die
Gesellschafterversammlung kümmern zu müssen“, so Kress. „Doch aus meiner Erfahrung kann ich sagen: In den
meisten Fällen folgt diese Treuhandgesellschaft den Vorschlägen des Fondsmanagements – etwa für eine
Verlängerung der Laufzeit des Fonds.“ Bisweilen gebe es auch Verflechtungen zwischen Management und
Treuhänder. „Darauf muss der Fondsinitiator zwar hinweisen. Die Nachteile für Anleger bestehen trotzdem.“
Objektrisiko
Immobilien sind komplexe Geldanlagen, deren Erfolg oder Misserfolg sich oft nur mit einer gewissen Expertise
beurteilen lässt. Als Laie können Sie sowohl die mögliche Wertentwicklung der Immobilie als auch die
möglichen Mieteinnahmen nur schwer einschätzen. Geschlossene Immobilienfonds sind in den vergangenen Jahren
zwar transparenter geworden. Um die Immobilien zuverlässig beurteilen zu können, benötigen Sie jedoch nach
wie vor Kenntnisse der Branche und Zeit, um sich zu informieren.
Blindpools
Als Blindpools werden geschlossene Fonds bezeichnet, die Beteiligungen ausgeben, obwohl noch nicht alle
konkreten Investitionsobjekte bekannt sind. Auch Blindpools werden seit 2013 stärker reglementiert.
Inzwischen muss eine Fondsgesellschaft mindestens 60 % der Investition festlegen, bevor Fondsanteile
ausgegeben werden dürfen. Trotz dieser Regelungen gelten Blindpools nach wie vor als besonders riskant.
Marktrisiko
Grundsätzlich gilt bei geschlossenen Fonds das gleiche wie bei anderen Anlageformen: Es gibt gewisse
wirtschaftliche Risiken, die schwere Auswirkungen für Sie als Anlegerin oder Anleger haben können. Das
Marktrisiko bei einem geschlossenen Fonds ist vergleichsweise hoch, da die Risikostreuung kaum gegeben ist.
Plötzlich fallende Immobilienpreise etwa wirken negativ auf die Wertentwicklung und könnten zu
Zahlungsschwierigkeiten des Fonds führen.
Fremdfinanzierungsrisiko
Zwar dürfen geschlossene Fonds nur Kredite in Höhe von maximal 150 % ihres Kapitals aufnehmen.
Allerdings steigert eine hohe Fremdfinanzierungsquote sowohl die Kosten für Sie als Anlegerin oder Anleger
stark – als auch das Risiko. Denn bei einer solchen Quote ist es möglich, dass Gläubiger ihr Geld
zurückfordern, die Liquidität des Fonds aber nicht ausreicht. Das gilt umso mehr, da die Kreditzinsen nicht
unbedingt über die gesamte Dauer festgeschrieben sein müssen. Bei steigenden Zinsen steigt indes Ihr Risiko.
Ausschüttungsrisiko
Vielfach werben Fondsgesellschaften mit hohen künftigen Ausschüttungsquoten. Das aber sind nur Prognosen,
die so nicht eintreffen müssen. Zudem gelte, erklärt Fachanwalt Christopher Kress, dass es sich bei den
Ausschüttungen – besonders in den ersten Jahren – um Eigenkapital-Rückerstattungen handele. „Die Anleger
bekommen also lediglich ihr eingezahltes Geld zurück“, so Kress. „Eine Rendite gibt es sehr viel später,
wenn überhaupt.“ Mögliche Probleme eines Fonds zeigten sich erst ganz am Ende. „Im Falle einer Insolvenz
können Gläubiger diese Ausschüttungen des Eigenkapitals von den Investoren zurückfordern.“
Platzierungsrisiko
Nachteile können für Sie nicht erst während der Laufzeit des geschlossenen Immobilienfonds entstehen. Auch
vor Schließung der Beteiligung gibt es ein Risiko – nämlich, dass es erst gar nicht zu einer Kapitalanlage
kommt. Das wäre der Fall, wenn ein Fonds die Anteile nicht platzieren kann. Sie bekommen zwar Ihr
eingesetztes Geld zurück, doch nicht das volle Kapital. Einige Kosten gehen vom Anlagebetrag ab. Sie als
Anlegerin oder Anleger sollten daher auf eine gültige Platzierungsgarantie achten.
Renditerisiko
Zwar wirbt die KVG in der Zeichnungsphase mit bisweilen hohen Renditen. Allein:
Zutreffen müssen sie noch lange nicht. Besonders hohe Kosten und eine schwierige Marktlage können die
erhofften Erträge zunichtemachen. Eine Garantie auf die Rendite gibt es nicht.
Bild-Copyright: © PantherMedia / elenathewise
Quellenangaben