Von Valeria Nickel – aktualisiert am 10.11.2022
Lange war die Schifffahrt ein traditionsreicher und dank der Globalisierung gleichzeitig zukunftsträchtiger Wirtschaftszweig. Derzeit erfolgen immer noch etwa 90 % des Welthandels auf dem Seeweg. Besonders der Wirtschaftsboom in Asien in den Jahren 2002 bis 2008 hat die Schifffahrt beflügelt, denn die schnell wachsenden Wirtschaftssysteme in China und Indien zogen steigende Nachfragen nach großen Containerschiffen mit sich. Zu dieser Zeit wurden viele Schiffsfonds aufgelegt: Durch sie können Anleger am Seefahrt-Markt partizipieren.
Mit dem eingesammelten Kapital wird ein Schiff gebaut und betrieben. Schiffsbeteiligungen sind in der Regel als geschlossene Fonds ausgestaltet, gehören also zum grauen Kapitalmarkt. Dabei beteiligen sich Anleger als Kommanditisten oder über einen Treuhänder an der Fondsgesellschaft. Das heißt, dass man Teilhaber des Schiffs wird und damit ein größeres, unternehmerisches Risiko eingeht als die Fremdkapitalgeber.
„Geschlossen“ bedeutet in diesem Fall, dass eine feste Summe eingeworben wird und sobald diese erreicht ist, niemand mehr in den Fonds rein – oder aus dem Fonds raus – kann. Ein vorzeitiger Ausstieg ist lediglich über den privaten Verkauf des eigenen Anteils an einen anderen Anleger möglich. In der Regel haben die Schiffsbeteiligungen eine Laufzeit zwischen 10 und 25 Jahren, sind also nur etwas für Anleger mit langfristigem Anlagehorizont. Während des Betriebszeitraums profitieren die Anleger von Gewinnen, die der Schiffsfonds erwirtschaftet. Dies sind vorrangig die Chartereinnahmen, also die „Mieteinnahmen“ für die Schiffe.
Es gibt verschiedene Fondsarten bei Schiffsbeteiligungen:
Vorteile
Schiffsbeteiligungen waren besonders beliebt aufgrund der hohen Renditen nach Steuerabzug. Denn sie bieten eine Steuersparmöglichkeit: Weil die Fonds als Kommanditgesellschaften ausgestaltet sind, gelten die Anleger als Mitunternehmer. Deshalb werden ihre Erträge aus der Schiffsbeteiligung nicht als „Einkünfte aus Kapitalvermögen“ behandelt, sondern als „Einkünfte aus Gewerbebetrieb“ – bei denen ein anderer Steuersatz, und zwar der individuelle, maßgeblich ist.
Dies wäre zwar für viele Anleger mit einem hohen persönlichen Steuersatz nachteilhaft – wenn es nicht die Tonnagebesteuerung gäbe. Diese erlaubt, dass die Schiffsfondsgesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen den Gewinn pauschal nach der Nettoraumzahl, also dem Transportvolumen des Schiffes ermittelt. Das führt zu geringen steuerpflichtigen Gewinnen für die Kommanditisten, in Höhe von etwa 0,1 % bis 0,4 % des gezeichneten Kapitals, unabhängig von der realen Gewinn- oder Verlustsituation. Auf diesen Gewinn ist dann der persönliche Steuersatz anzurechnen. Insgesamt lohnen sich Schiffsbeteiligungen also vor allem wegen der Tonnagesteuer.
Nachteile
Seit der globalen Finanzkrise ab 2007 sind die Frachtraten jedoch stark gesunken. Infolge der Finanzkrise kam es zu Überkapazitäten bei Schiffen, die zu entsprechend niedrigen Charterraten führten. Der Baltic Dry Index, ein wichtiger Preisindex für das weltweite Verschiffen von Frachtgütern wie Kohle, Eisenerz und Getreide auf Standardrouten, verlor im Verlauf der Finanzkrise 80,7 %.
Seitdem schaffte es der Index nicht, sich wieder vollständig zu erholen. Zudem verhält er sich besonders volatil: So sackte er mit dem Beginn der Corona-Krise Anfang 2020 beispielsweise erneut ins Bodenlose. Über die letzten Jahre sind somit reihenweise Schiffsfonds in die Insolvenz gesegelt und viele Anleger hatten den Totalverlust ihres Kapital zu beklagen.
Ein großes Problem sind zudem Verfehlungen von Finanzberatern und Anleger, die sich von den Emittenten der Schiffsfonds getäuscht fühlen. Sie zahlten nach eigenen Angaben unbewusst Vertriebsprovisionen von 25 % des Anlagebetrages und waren nicht ausreichend über die Risiken einer Kommanditistenstellung aufgeklärt worden. Jetzt regnet es Strafanträge, Zivilklagen, im besten Fall gibt es Vergleiche. Der Markt für Schiffsbeteiligungen steht nach der derzeitigen Lage vor dem Zusammenbruch. Neue Emissionen bleiben seit Jahren aus. So ist Anlegern zurzeit von dieser Anlagemöglichkeit, trotz der Vorteile, die sie bietet, abzuraten. Spannend bleibt, ob und wenn ja, wann diese Anlageklasse möglicherweise ein Revival erlebt.
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