Von Valeria Nickel, Mauritius Kloft – aktualisiert am 30.06.2023
Die Weiten der Meere faszinieren die Menschen schon immer; dabei sind sie auch ein gewaltiger Wirtschaftsfaktor. Die
Globalisierung wäre ohne den Gütertransport per Schiff nicht möglich. Auch Sie als Anlegerin oder Anleger können daran
partizipieren: über sogenannte Schiffsfonds. Doch ein solches Investment ist sehr riskant – viele Fonds
sind bereits in Seenot geraten.
Wir erklären, wie Schiffsbeteiligungen funktionieren und welche Risiken sie bergen.
Sie möchten sich von Ihrer
Schiffsbeteiligung trennen? So gelingt
es Ihnen
Von diesen Fonds sollten Sie die
Finger lassen: Zur Warnliste der Stiftung Warentest
Lieber in Container investieren?
Auch das birgt viele
Risiken
Schiffsfonds sind – wie der Name vermuten lässt – Investmentfonds, die in Schiffe investieren.
Sie ermöglichen es
Ihnen,
indirekt in die Handelsschifffahrt zu investieren, ohne selbst ein Schiff besitzen oder betreiben zu müssen. So sollen
Sie von den Erträgen aus dem Transport von Waren mit Schiffen profitieren können.
Allerdings sind Schiffsbeteiligungen im Regelfall als geschlossene Fonds aufgelegt, die mit
erheblichen Risiken verbunden sind, ähnlich wie Containerfonds oder geschlossene Immobilienfonds. Denn: Sie
werden zu Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft (KG) und somit
direkt an Gewinnen und
Verlusten des Fonds beteiligt. Oft läuft die Beteiligung auch mittelbar über eine
Treuhandgesellschaft[1]. Im
schlimmsten
Fall haften Sie mit Ihrer Einlage, also Ihrem eingezahlten Kapital.
In der Vergangenheit mussten Dutzende Schiffsfonds Insolvenz anmelden, was mit einem hohen Verlust für
die Anlegerinnen
und Anleger verbunden war. Mittlerweile ist der Markt für Schiffsfonds praktisch zum Erliegen gekommen
(siehe unten).
Schiffsfonds funktionieren nach folgendem Prinzip[2]:
Die Arten der Schiffsfonds rühren von der Art der Schiffe her, die ein Fonds finanziert[3]. Ein Überblick:
Schiffsfonds waren lange Zeit als Steuersparmodell beliebt: Weil die Fonds als Kommanditgesellschaften
ausgestaltet
sind, gelten Sie als Anlegerinnen und Anleger als Mitunternehmer. Deshalb werden Ihre Erträge aus der Schiffsbeteiligung
nicht als „Einkünfte aus Kapitalvermögen“ behandelt, sondern als „Einkünfte aus Gewerbebetrieb“ – bei denen der
individuelle Steuersatz maßgeblich ist. Hier kommt die sogenannte Tonnagesteuer zum Einsatz, besser
gesagt die
Tonnagegewinnermittlung[4].
Diese erlaubt, dass die Schiffsfondsgesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen den Gewinn pauschal nach den
Nettotonnen ermittelt, also dem Transportvolumen des Schiffes. Das führt zu geringen steuerpflichtigen
Gewinnen für die
Kommanditisten, in Höhe von etwa 0,1 bis 0,4 % des gezeichneten Kapitals, unabhängig von der realen Gewinn- oder
Verlustsituation. Auf diesen Gewinn wird der individuelle Steuersatz fällig.
Bis 2005 konnten sich Investoren gar noch während ihres Investments überlegen, ob sie in die Tonnagebesteuerung wechseln
wollen. Dadurch konnten sie die Anfangsverluste steuerlich geltend machen, während die Gewinne des Fonds nur gering
besteuert wurden. Dieser Steuervorteil entfiel, seit 2005 müssen die Investoren sich für zehn Jahre
festlegen.
Durch die Finanzkrise fiel der Markt für Schiffsfonds zusammen
Dadurch wurden Schiffsfonds zunehmend unattraktiv. Hinzu kamen die Folgen der globalen
Finanzkrise, durch die es zu
Überkapazitäten bei Schiffen kam. Entsprechend sind die Frachtraten seit 2008 stark gesunken. Das hat
die Einnahmen der
Schiffsfonds erheblich reduziert oder gar zu Verlusten geführt, weshalb die Tonnagesteuer, auf die viele Anlegerinnen
und Anleger nun festgelegt waren, zum Steuerrisiko wurde. Denn sie mussten Steuern zahlen, obwohl sie sonst Verluste
hätten verrechnen können.
Durch die Finanzkrise und die gefallenen Charterraten konnten viele Fonds ihre Schulden nicht mehr
bedienen und ihre
Investoren auszahlen[5]. Einige Schiffe konnten nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden und mussten
eingemottet oder gar
verschrottet werden.
Die meisten Emissionshäuser haben sich aus dem Geschäft mit Schiffsbeteiligungen zurückgezogen, einige mussten gar
Insolvenz anmelden[6]. Mittlerweile sind daher kaum mehr Angebote für
Schiffsfonds auf dem Markt. Viele
Investoren
versuchen noch, sich von einer Schiffsbeteiligung zu trennen oder ihren Anteil über den Zweitmarkt loszuwerden.
Beim Investment in Schiffsfonds müssen Sie als Anlegerin oder Anleger mit einer Vielzahl von Risiken
rechnen. Eine
Übersicht:
Marktrisiko
Die Schifffahrtsbranche ist sehr volatil und hängt an der globalen Wirtschaftslage. In der Folge können
Einnahmeausfälle drohen, weil die Vercharterung nicht wie vorgesehen funktioniert, der Chartervertrag
folglich nicht erfüllt wird.
Veräußerungsrisiko
Die Marktpreise für Schiffe in 10 oder 15 Jahren sind sehr ungewiss, die Fondsgesellschaften arbeiten nur
mit prognostizierten Werten.
Schiffsrisiko
Schiffsfonds sind von der Werft abhängig. Gehen sie etwa nach einer (Teil-)Vorauszahlung des Kaufpreises
insolvent, haben Sie oft das Nachsehen. Ohnehin gibt es das Risiko einer verspäteten Lieferung des Schiffes.
Operative Risiken
Schiffe sind komplex, teuer und müssen regelmäßig gewartet werden. Sie müssen daher unvorhergesehene
Reparaturkosten oder längere Ausfälle bei Ihrer Investmententscheidung einplanen.
Ausschüttungsrisiko
In jüngster Vergangenheit haben Insolvenzverwalter von kollabierten Schiffsfonds die Ausschüttungen an die
Investoren von ihnen zurückverlangt. Zum Teil wurden Mahnbescheide verschickt, um eine Verjährung der
Ansprüche zu verhindern. Zwar sehen Juristen die Rückforderungen oft kritisch, auch einzelne Gerichtsurteile
dazu sind bereits gefallen. Hier gilt: Lassen Sie sich nicht einschüchtern und überweisen Sie die Summe
nicht einfach zurück. Vielmehr wenden Sie sich an einen Fachanwalt, der Ihnen beim weiteren Vorgehen helfen
kann.
Währungsrisiko
In der Regel werden weder der Kaufpreis noch die Charterraten in Euro geleistet, sondern in US-Dollar.
Währungsschwankungen können die Rendite des Fonds senken und die Risiken für Sie steigern.
Politisches Risiko
Blockaden durch politische Unruhen, Krieg oder Piraterie können dazu führen, dass Seeschiffe nicht mehr wie
geplant fahren können. Dadurch steigen die Risiken für Sie.
Totalverlustrisiko
Da Sie bei einem Schiffsfonds Kommanditistin oder Kommanditist werden, haften Sie mit Ihrer Einlage.
Letztlich müssen Sie stets mit einem Totalverlust kalkulieren. Diese Kapitalanlage ist daher nur etwas für
risikofreudige Anlegerinnen und Anleger, die im Zweifelsfall auf das eingesetzte Geld verzichten können. Sie
sollten sich eine Investition sehr gut überlegen.
Im Regelfall ist es nicht möglich, vor dem Laufzeitende aus einem Schiffsfonds auszusteigen. Eine
Rücknahme des
Fondsanteils durch die Fondsinitiatoren ist vertraglich ausgeschlossen. Grundsätzlich stehen Ihnen dennoch zwei Wege
offen, um Ihren Anteil loszuwerden – allerdings sind sie mit Risiken und Kosten verbunden.
Weil das Investment in geschlossene Fonds als illiquide gilt, ist ein Zweitmarkt entstanden. Auf diesem
können Sie
versuchen, Ihre Beteiligung an einem Schiffsfonds zu verkaufen. Allerdings ist der Zweitmarkt bei geschlossenen Fonds
kaum gesetzlich geregelt. Auch ist die Nachfrage hier sehr gering – das Angebot ist bisweilen deutlich höher.
Entsprechend müssen Sie womöglich einen satten Abschlag beim Verkauf über den Zweitmarkt in Kauf nehmen
und einen
Verlust durch das Investment einfahren. Sie müssen sich folglich überlegen, inwiefern es Sinn ergibt, hier Ihren Anteil
zu verkaufen.
Sie haben die Möglichkeit, Schadensersatz von den Fondsinitiatoren oder dem Fondsberater zu verlangen.
Diesen Weg sind
bereits viele geschädigte Schiffsinvestoren und -investoren gegangen. Damit es Ihnen gelingt, haben Sie maßgeblich drei
Varianten zur Auswahl:
Prospektfehler
Jedes Emissionshaus muss einen Verkaufsprospekt mit den wesentlichen Informationen für die Anlegerinnen und
Anleger herausgeben. Stimmen die Informationen nicht oder sind sie unklar, können Sie im Nachhinein dagegen
vorgehen. Ein typisches Beispiel für einen fehlerhaften Verkaufsprospekt sind etwa fehlende oder
verschleierte Angaben über die Risiken oder die konkreten Kosten.
Fehlerhafte Beratung
Die meisten Anlegerinnen und Anleger dürften versuchen, von ihrem Finanzberater Schadensersatz zu verlangen.
Denn viele Berater haben Schiffsfonds als sichere Anlage für die Altersvorsorge angeworben. Das waren sie
aber auf keinen Fall. Im Gegenteil: Bei Schiffsfonds handelt es sich um eine hochriskante spekulative
Geldanlage, bei der Ihnen ein Totalverlust droht (siehe oben). Möglich ist, dass er Sie etwa nicht
ausreichend über die Weichkosten informiert hat. Neben einmaligen Kosten für das Auflegen des Fonds fallen
die Weichkosten während der Laufzeit an und fließen nicht unmittelbar in das Investitionsobjekt und seinen
Werterhalt. Weichkosten können sowohl Vertriebs- und Marketingkosten als auch Gebühren für eine Steuer- oder
Rechtsberatung sein. Auch über Risiken der Tonnagesteuer muss der Berater Sie aufklären.
Fehlende Infos über Provisionszahlungen
Womöglich hat Sie Ihr Bankberater nicht über Provisionszahlungen – sogenannte Kick-Back-Zahlungen –
informiert, die er von der Fondsgesellschaft für die Vermittlung erhalten hat. Da er eigentlich unabhängig
agieren soll, muss er Sie über solche Zahlungen informieren. Oder Sie haben die Möglichkeit, Schadensersatz
zu verlangen.
Bild-Copyright: © PantherMedia / ilfede
Quellenangaben