Artikel von Valeria Nickel; aktualisiert am 20.05.2022
Es war ein regelrechter Boom: Im Jahr 2010 wurde an den Börsen Frankfurt, Stuttgart, Düsseldorf, Hamburg und
München ein Börsensegment speziell für Anleihen von
mittelständischen Unternehmen geschaffen. Diese Mittelstandsanleihen sind im Vergleich zu Unternehmensanleihen kleinvolumig. Sie werden
deshalb auch „Minibonds“ genannt.
Zu den kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) zählen in Deutschland rund 90 % aller
Betriebe. Sie hatten die Wirtschaftskrise von 2007 gut überstanden – im Gegensatz zu den Banken. Deshalb
sollten sie sich das Geld, welches sie beispielsweise für den Bau neuer Maschinen oder Produktionshallen benötigen,
statt bei den Banken bei privaten Anlegern beschaffen.
Dadurch eröffnete sich für kleinere Firmen eine weitere Finanzierungsoption über den Bankkredit hinaus.
Die Unternehmen und Privatanleger konnten dann im neuen Segment an den Börsen zusammengebracht werden.
Vorteile gibt es dabei für beide Seiten: Die Unternehmer erhalten Kreditgeber, die keine
Mitspracherechte haben, und können so das „Zepter in der Hand behalten“. Darüber hinaus kann das Unternehmen, das eine
Mittelstandsanleihe herausgibt, anders als bei Aktien, die eigene Geschäftsform frei wählen,
eine AG ist nicht zwingend notwendig.
Die Anleger profitieren auf der anderen Seite von sehr hohen Zinsen zwischen 5 % und mehr als
10 % – mitten in der Niedrigzinsphase.
Die Idee war zwar gut, doch der Boom hielt nicht an: 2016 hatte der Markt für Mittelstandsanleihen keinen guten
Start.
Die Situation erinnert viele Profis an den „Neuen Markt“, den zu Beginn des Jahrtausends hoch riskante
Firmen nutzten, um mit dem Verkauf ihrer Aktien Geld
zu machen. Nach einer Reihe von Skandalen wurde das Segment im Juni 2003 von der Deutschen Börse geschlossen.
Auch bei Mittelstandsanleihen hat sich bereits eine Börse zurückgezogen: die Stuttgarter Börse im Jahr
2014. Insgesamt handelt es sich derzeit um einen für Investoren undurchsichtigen, illiquiden Markt mit einem
unausgewogenen Risiko-Rendite-Verhältnis und zu wenigen guten Emittenten. Auch wenn der Markt für Mittelstandsanleihen seit
dem Jahr 2018 wieder etwas anzieht.
Bereits 2014 reagierte die Frankfurter Börse als erster Handelsplatz auf den schlechten Ruf der Mittelstandsanleihen und
veröffentlichte den „Best Practice Guide“ als Handlungsempfehlung für die Emission einer
Unternehmensanleihe im Entry Standard. Darin sind unter anderem Mindeststandards an das Zahlenwerk, das
Emissionsvolumen, die Betreuung der Emission, den Gläubigerschutz und das Rating der Mittelstandsanleihe enthalten.
Dadurch wolle man zur „Professionalisierung des Marktes“ für die Mittelstandsanleihe beitragen.
Doch bislang sind die Standards unverbindlich. Die Unternehmen können selbst entscheiden, ob und
inwiefern sie dem Leitfaden folgen. Der Nachteil eines verbindlichen Leitfadens ist, dass Börsen durch zu harte Auflagen
Erstemittenten abschrecken könnten – und das liegt nicht in ihrem Interesse. Nach wie vor ist eine Emission auch für die
Börse ein mehr oder minder lukratives Geschäft.
Damit die Mittelstandsanleihen eine Zukunft haben, fordern viele Profis, dass folgende Vorgaben Pflicht sein sollten:
Auch die Nachfrage nach Hochzinsanleihen hat aufgrund der immer weiter sinkenden Verzinsung von Staatsanleihen und Bankeinlagen wie Tages- und
Festgeld zugenommen.
Hochzinsanleihen bzw. High Yield Bonds oder lapidar auch „Junk“ (= Ramsch-) Bonds sind festverzinsliche
Wertpapiere schlechterer Kreditqualität. Sie werden von den Ratingagenturen in der Regel als BB+ oder
schlechter eingestuft. Weil sie höhere Risiken beinhalten, bieten sie auch höhere Renditen als Anleihen mit besseren
Ratings.
Hochzinsanleihen haben viele gemeinsame Eigenschaften mit typischen Mittelstandsanleihen: Dies ist zum
einen das fehlende Rating im Investmentgrade-Bereich, dem nur Anleihen mit bester bis mittlerer Bonität
unterfallen. Denn die Emittenten beider Segmente weisen ein bestimmtes Risikoprofil auf, das nicht dem
von klassischen Anleihe-Emittenten entspricht. Der Grund dafür ist beim Mittelstand die geringe Größe und damit höhere
Risikokonzentration, bei Hochzinsanleihen ist es eine sonstige besondere Risikosituation.
Die beiden Anlageprodukte weisen jedoch auch konkrete Unterschiede auf:
Auch wenn seit 2018 langsam wieder Bewegung in den Markt der Mittelstandsanleihen kommt, muss sich noch einiges
ändern, bevor Mittelstandsanleihen für private Gläubiger wieder attraktiv werden. Sogar die auch als „Ramsch“
bezeichneten Hochzinsanleihen haben zeitweise geringere Ausfallraten.
Den Ausfall einer Mittelstandsanleihe kann nur ein Anleger verkraften, der sehr vermögend ist und nur einen kleinen Teil
seines Depots in eine Handvoll Mittelstandsanleihen mit sehr hohen Zinsen investiert.
Anlegern stehen jedoch andere Möglichkeiten offen, wenn sie nicht auf hohe Renditen verzichten möchten: Das Crowdinvesting als aktuelle Trendfinanzierung löst
herkömmliche Finanzierungsformen ab. Dabei schließt man sich mit vielen anderen Privatanlegern über eine
Crowdinvesting-Plattform wie BERGFÜRST zusammen und investiert als
„Crowd“ zusammen in einzelne Projekte.
Besonders Immobilien-Investments sind bei
Anlegern derzeit sehr beliebt. Sie locken mit Attributen wie Sicherheit und Wertbeständigkeit – und werden
daher auch „Betongold“ genannt. Das Crowdinvesting bietet Anlegern die Möglichkeit, Geld in Immobilien zu investieren
ohne viel Kapital für nur ein Bauprojekt aufbringen zu müssen. Das funktioniert bereits mit kleinen
Beträgen und ermöglicht es somit auch Kleinanlegern, in größere Immobilienprojekte zu investieren. Das war bisher
nur professionellen Großanlegern via Mezzanine-Kapital vorbehalten.
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