Von Falko Bozicevic, Mauritius Kloft – aktualisiert am 14.02.2024
Nachranganleihen locken mit satten Renditen, bergen aber auch höhere Risiken. Doch warum ist das so? Hier erfahren Sie,
was Nachranganleihen sind und was Sie bei einem Investment beachten sollten.
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Bei einer Nachranganleihe handelt es sich um eine spezielle Form der Unternehmensanleihe. Die Sonderform zeichnet sich
primär durch ihre nachrangige Behandlung im Falle einer Insolvenz des Emittenten aus.
Grundsätzlich gilt: Je höher der Rang in der Gläubigerrangordnung, desto niedriger ist auch die Rendite
– desto
niedriger zugleich das Risiko, im Fall einer Insolvenz einen Totalverlust zu erleiden.
Das bedeutet, dass Sie als Halter nachrangiger Anleihen erst nach Gläubigern, Inhabern von Schuldverschreibungen und
Haltern vorrangiger Anleihen (auch Senior Bonds genannt) aus
der Insolvenzmasse bedient werden. Vorausgesetzt natürlich,
die Mittel reichen dafür überhaupt noch aus. Andernfalls droht Ihnen der Totalverlust Ihres eingesetzten
Kapitals.
Ein weiteres Merkmal von Nachranganleihen ist ihr hybrider Charakter. Konkret gesagt: Nachranganleihen
stellen eine
Mischform aus Fremd- und Eigenkapital dar. Daher werden sie auch als Hybridanleihen oder hybride Bonds
bezeichnet[1].
Nachrangige Anleihen bieten höhere Renditen und Zinsen als vorrangige Anleihen. Sie als Anlegerin oder
Anleger lockt oft
die Chance, attraktive Renditen einzufahren. Der Grund für die hohen Zinsen liegt jedoch klar auf der Hand: Durch die
Nachrangigkeit der Anleihen liegt das Risiko, im Insolvenzfall einen Totalverlust zu erleiden, deutlich höher als bei
klassischen Anleihen.
Zudem sind Nachranganleihen oft an extrem lange Laufzeiten oder komplexe
Emissionsbedingungen geknüpft. Diese bergen oft
Nachteile für Investoren.
Folgende Merkmale sollten Sie dabei besonders beachten:
Variable Zinssätze |
Oft behalten sich Emittenten von nachrangigen Anleihen das Recht vor, Zinssätze zu einem späteren Zeitpunkt senken zu können. Dabei werden gemeinhin feste Zinsen bis zum ersten Kündigungstermin vereinbart. Wird dieser nicht wahrgenommen, gilt anschließend und bis zum Ende der Laufzeit ein variabler Zinssatz. |
Aufschiebung von Kuponzahlungen |
Nicht selten werden Kuponauszahlungen von Nachranganleihen an Bedingungen geknüpft, wie die Liquidität des Emittenten. Hier gilt jedoch: Kuponzahlungen werden lediglich aufgeschoben. Sie bleiben nicht einfach aus, wie es bei Dividendenzahlungen der Fall sein kann. Denn auch Nachranganleihen verbriefen immer noch einen Kredit. |
Einseitiges Kündigungsrecht |
Nachrangige Anleihen können nicht regulär durch Sie als Anlegerin oder Anleger gekündigt werden. Nur der Emittent verfügt häufig über ein vorzeitiges Kündigungsrecht. Der Emissionsprospekt enthält jedoch außerreguläre Kündigungsmöglichkeiten durch Investoren, z.B. bei einer Übernahme des Emittenten (Kontrollwechsel) oder Drittverzug (Zahlungsausfall bei anderen Finanzverpflichtungen des Emittenten). |
Exkurs: Basel III-Vorschriften
In den vergangenen Jahren wurden nachrangige Anleihen vorwiegend von Banken und Versicherungen ausgegeben, die das
dadurch gewonnene Hybridkapital als Eigenkapital geltend machen konnten.
Im Zuge der Lehman-Brothers-Pleite im Jahr 2008 wurden jedoch Leitlinien zur Regulierung von Banken beschlossen, genannt
Basel III[2] (nach dem Basler Ausschuss für Bankenaufsicht).
Perspektivisch sollen weitere Pleiten vermieden werden. Auch Banken, insbesondere deren Einlagen,
sollen besser vor
Krisen abgesichert werden. Um dieses Ziel zu erreichen, schreibt das neue Regelwerk den Banken einen größeren Anteil an
hartem Kernkapital vor.
Seit 2014 werden die neuen Reglementierungen sukzessive in der Europäischen Union umgesetzt. Ursprünglich sollten Banken
bis Anfang 2022 Eigenkapital aufbauen, was den neuen Regelungen entspricht. Aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der
Corona-Pandemie sollen die finalen Regelungen von Basel III jedoch erst ab 2023 in Kraft treten – sie befinden sich
derzeit noch in der Umsetzung[3]. Dasselbe gilt auch für Regelungen von Basel IV.
Durch Basel III werden nachrangige Anleihen als Ergänzungskapital (sogenannte Tier‐2‐Bonds[4])
klassifiziert. Daher können
sie (bald) nicht mehr als Eigenkapital ausgewiesen werden. Ihre Emission ist somit auch nicht mehr so reizvoll
für
Banken wie einst.
Falls Sie jetzt überlegen, in nachrangige Anleihen zu investieren, sollten Sie auf folgende Punkte achten:
Nachranganleihen sind Hochzinsanleihen. Folglich sind sie Mittelstandsanleihen und Staatsanleihen von
Schwellenländern
mit niedriger Bonität nicht unähnlich: All diese Investments stehen für erhöhte Risiken im Gegenzug für auskömmliche
Renditechancen.
Auch so manche Aktien ähneln der Nachranganleihe.
Tatsächlich werden Aktionäre im Falle einer Insolvenz jedoch noch
später bedient als Halter nachrangiger Anleihen.
Zudem gibt es sogenannte CoCo‐Bonds („Contingent Convertible Bonds“[6]): Dabei handelt es sich um Bankanleihen, die in
Aktien umgewandelt werden, unterschreitet die ausgebende Bank eine gewisse Eigenkapitalquote.
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Quellenangaben