Von Heino Reents – aktualisiert am 15.01.2024
Überprüft von Mauritius Kloft
Hedgefonds (engl. Hedge Funds) machten im Zuge der globalen Finanzkrise ab 2007 zahlreiche Negativschlagzeilen. Die
Anlageprodukte sind größtenteils unreguliert und gelten als sehr riskant.
Zudem hört man oft von überdurchschnittlich hohen Renditen, die mit Hedgefonds erwirtschaftet werden
können. Doch stimmt das überhaupt? Wie
arbeiten Hedgefonds? Und vor allem: Sind sie eine sinnvolle Investition für Sie als Privatanleger? Wir erklären es
Ihnen!
Hedgefonds sind aktiv gemanagte Investmentfonds, die in ihrer
Anlagepolitik keinen oder nur geringen
Anlagebeschränkungen unterliegen und sich an keinem Vergleichsindex orientieren. In Hedgefonds können Sie
als Privatanlegerin oder -anleger nicht direkt investieren, mehr dazu lesen Sie hier.
Der Name „Hedgefonds“ leitet sich indes vom englischen Begriff „hedging“ ab, der übersetzt „absichern“ bedeutet.
Hedging steht für Strategien, die vor allem auf den Rohstoffmärkten üblich sind und bei der durch Futures (Terminkontrakte) und
Optionen Transaktionen abgesichert werden. Diese beiden Finanzinstrumente werden unter anderem auch von
Hedgefonds verwendet.
Neben dem ursprünglichen Motiv, Portfolios gegen
Kurseinbrüche abzusichern, wollen viele Manager unabhängig von der
allgemeinen Marktentwicklung eine möglichst hohe
Rendite erzielen. Sie verfolgen dabei hochspekulative und riskante
Anlagestrategien[1]. Hedgefonds genießen viel größere Freiheit als traditionelle Investmentfonds. Die Manager können nicht
nur von steigenden, sondern auch von fallenden Märkten profitieren.
Hedgefonds legen sich nicht auf bestimmte Anlagestrategien oder Finanzinstrumente fest. Ihre
Strategien reichen vom
Handel mit traditionellen Anlageprodukten wie Aktien, Anleihen und Devisen bis hin zu Spekulationen mit
Leerverkäufen
oder Derivaten wie Optionsscheine oder Termingeschäfte. Somit gibt
es nicht den einen Hedgefonds, es gibt vielmehr sehr
viele unterschiedliche Strategien und Handelstechniken, was eine Vergleichbarkeit erschwert.
Zahlen des Datenanbieters Preqin zufolge gab es 2023 rund 29.000 Hedgefonds, die ein Volumen von etwa
4,3 Bio. US-Dollar
verwalteten[2].
Im Gegensatz zu klassischen Investmentfonds haben Hedgefonds die Möglichkeit, das eingesetzte Kapital durch
Kreditaufnahme zu vervielfachen (Leverage- oder Hebeleffekt). Dieser Fremdkapitaleinsatz kann die
Rendite erhöhen, durch
den Einsatz von geliehenem Geld sind die Geschäfte aber entsprechend riskant. Die geringe
Eigenkapitalbasis wurde
einigen Fonds in der Vergangenheit zum Verhängnis.
Eine häufig eingesetzte Strategie sind Leerverkäufe („short-selling“). Das heißt, die Fondsmanager wetten
auf fallende
Kurse. Dabei verkaufen die Manager Aktien oder andere Wertpapiere, die sie gar nicht besitzen, sondern von anderen
Marktteilnehmern gegen eine Gebühr geliehen haben. Wenn der Kurs des Wertpapiers dann fällt, kaufen die Hedgefonds die
Papiere an der Börse und geben sie dem Verleiher
zurück. Sollte der Kurs also sinken, erzielen die Hedgefonds einen
Gewinn. Das große Risiko besteht jedoch darin, dass die Spekulation nicht aufgeht.
Darüber hinaus werden Hedgefonds oft als Offshore-Funds betrieben und sind auf den Cayman Islands oder
den Bermudas
angesiedelt[3]: Orte, an denen der Finanzsektor gesetzlich weniger stark reguliert wird als anderswo.
Hedgefonds sind im Gegensatz zu traditionellen Fonds gesetzlich weniger reguliert, da sie nicht unter die
AIFM-Richtlinie fallen und als Alternative Investmentfonds (AIF Fonds) gelten. Dadurch ist der Anlegerschutz hier
deutlich weniger ausgeprägt als bei klassischen Fonds. Dabei gilt zudem: Das Fondsvermögen ist in der Regel kein
Sondervermögen im klassischen Sinn, also nicht bei einer Insolvenz der
Fondsgesellschaft geschützt.
Weiterhin unterscheiden sie sich von klassischen Fonds durch ihre geringen Anlagebeschränkungen, durch
die Nutzung von
Finanzinstrumenten wie Leerverkäufen und Derivaten sowie durch ihre oft geringe
Liquiditätsbasis und das verstärkte
Setzen auf Fremdkapital.
Zudem ist die Performance eines Hedgefonds sehr viel stärker von den Entscheidungen des Fondsmanagers
abhängig und
weniger von der Gesamtperformance des Marktes, als es bei klassischen Fonds der Fall ist.
Nein. Anders als von vielen Anlegern gedacht, sind Hedgefonds in der Breite keine Renditeturbos.
Das Ziel besteht insbesondere für institutionelle Investoren vielmehr in der Risikominimierung und
Diversifikation des
Gesamtportfolios. Selbst das gelingt nicht immer. 2022 zum Beispiel erzielten Hedgefonds im Durchschnitt
Verluste. 2023
machten die Fonds eine durchschnittliche Rendite von 8 %[4].
Gleichwohl gibt es immer wieder Hedgefonds-Manager, die mit speziellen Wetten – und entsprechend hohen Risiken –
zweistellige Renditen einfahren. Erfahrungsgemäß schaffen sie es jedoch nicht, diese hohe Wertentwicklung über einen
längeren Zeitraum zu erzielen.
Nein, das geht nicht. Kapitalanleger können in Deutschland nicht ohne weiteres in Hedgefonds
investieren, da diese
Finanzprodukte gewohnheitsgemäß nicht den gesetzlich vorgeschriebenen Anlegerschutz bieten. Deshalb wurde vom
Gesetzgeber festgelegt, dass nur spezielle Hedgefonds jedem offenstehen.
Hedgefonds, die Privatanlegern offen stehen
Deutsche Hedgefonds und Dach-Hedgefonds unterliegen der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(BaFin). Privatanleger dürfen seit 2004 in Deutschland lediglich in Dach-Hedgefonds investieren[6]. Dabei handelt es sich
um sogenannte Fund Of Funds, also einen Fonds, der in andere Hedgefonds investiert. So kann ein
gewisser Grad der
Risikostreuung erreicht werden, denn fährt einer der Fonds Verluste ein, können diese durch die Gewinne aus anderen
Fonds abgefangen werden.
Kapitalanleger, die in Dach-Hedgefonds investieren, müssen jedoch oft hohe Gebühren in Kauf nehmen:
Nicht nur der
Dachfonds erhebt Gebühren, auch die Kosten für die einzelnen investierten Fonds müssen beglichen werden. So können sich
die Gebühren schnell potenzieren.
Hedgefonds, die Privatanlegern nicht offen stehen
Sogenannte Single-Manager-Hedgefonds, die von einem einzelnen Manager betreut werden, stehen Ihnen als
Privatanlegern
nicht offen. Das Risiko dieser Investition wird vom Gesetzgeber als zu hoch eingestuft.
Obwohl der Gesetzgeber spezifische Formen der Investition in Hedgefonds auch für private Kapitalanleger zulässt, handelt
es sich nicht wirklich um eine sinnvolle Investition für Privatanleger. Durch Leerverkäufe und den zuweilen hohen
Fremdkapitaleinsatz gehören die Anlageprodukte vielmehr zu den Hochrisiko-Investments, bei denen ein
Totalverlust drohen
kann. Damit sind diese Investitionen generell eher eine Investition für institutionelle Großanleger.
Die zugelassenen Dach-Hedgefonds gelten als weniger risikoreich, weil ihr Erfolg nicht von den
Entscheidungen eines
einzelnen Fondsmanagers abhängig ist und ein gewisser Grad der Risikostreuung erreicht werden kann. Dennoch bleiben
weitere Gefahren wie beispielsweise der hohe Einsatz von Krediten bestehen.
Hinzu kommen die besonders hohen Kosten. Zunächst fällt sowohl für den Dachfonds als auch für die investierten
Hedgefonds regelmäßig eine Verwaltungsgebühr von 2 bis 5 % an, selbst wenn keine Gewinne eingefahren werden.
Hinzu kommt häufig eine Performance Fee von 10 bis 20 %, wenn Manager erfolgreich agieren. Manche
Hedgefonds erheben
sogar eine weitere Performance Fee, wenn ein gewisser Höchststand (High-Watermark) erreicht wird.
Es sind gleich mehrere Eigenschaften, die Hedgefonds ihren schlechten Ruf einbringen und immer wieder für
Negativschlagzeilen in den Medien sorgen. Ein Überblick:
Hohes Risiko, immense Verluste
Der schlechte Ruf geht zunächst auf die oftmals riskanten Anlagestrategien von Hedgefonds zurück. Diese
sorgten in der
Vergangenheit immer wieder für spektakuläre Pleiten.
Beispiel: FX Concepts
Ein besonders plakatives Beispiel für eine solche Pleite war der Hedgefonds FX Concepts, der von John Taylor gemanagt
wurde. Zu Hochzeiten war FX Concepts zeitweise der größte und älteste Devisen-Hedgefonds im internationalen Vergleich
und verwaltete bis zu 14 Mrd. US-Dollar.
Doch 2013 meldete der Fonds Insolvenz an. Taylor hatte jahrelang gegen den Euro gewettet und sich verspekuliert. Denn
die EU-Regierungen und die EZB (Europäische Zentralbank) handelten nicht seinen Erwartungen gemäß, sondern setzten sich für
den Erhalt der einheitlichen EU-Währung ein.
Beispiel: Melvin Capital versus Kleinanleger
Wie sich ein Hedgefonds mit Leerverkäufen verspekulieren kann, zeigt auch das Beispiel des milliardenschweren Fonds
Melvin Capital. Der Fonds hatte 2020 im großen Umfang auf fallende Kurse des kriselnden Spielehändlers Gamestop gesetzt.
Doch Kleinanleger trieben auf der Plattform Reddit den Kurs der Gamestop-Aktie durch koordinierte und massive Käufe in
die Höhe und Melvin Capital so fast in die Zahlungsunfähigkeit. 2022 musste der Fonds schließen.
Zu viel Macht, zu wenig Kontrolle
Ein weiterer Kritikpunkt an Hedgefonds ist die mangelnde Transparenz. Die meisten Hedgefonds-Manager lassen sich nicht
oder nur sehr ungern in die Karten schauen. Der Großteil agiert lieber im Verborgenen und versucht, Ineffizienzen im
Markt zu ihrem Vorteil auszunutzen.
Die oftmals riskanten Anlagestrategien sind jedoch nicht nur ein Problem für Anleger, die sich bewusst für die
Investition in Hedgefonds entschieden haben. In manchen Fällen sind Hedgefonds und ihre Investitionsvolumen so
groß,
dass sie das gesamte Marktgeschehen beeinflussen.
Ein spektakuläres Beispiel ist die Beinahe-Pleite des Hedgefonds Long-Term Capital Management (LTCM) im Jahr 1998. Der
Hedgefonds hatte sich mit hauptsächlich geliehenem Geld verspekuliert und weltweit Notenbanken zum Eingreifen gezwungen,
um einen Kollaps des Finanzsystems zu verhindern.
Zweifelhafte Moral
Hedgefonds werden außerdem wegen ihrer Leerverkaufs-Strategie kritisch beäugt. Es ist naheliegend, dass
von
Finanzprodukten, die auf sinkende Märkte setzen, um jederzeit hohe Renditen einfahren zu können, erwartet wird, dass sie
dem Markt tendenziell Schaden zufügen.
Ein weiterer Grund, warum Hedgefonds in der Kritik stehen, ist, dass sie unethisch agieren. Es zählt eben nur die
Rendite, so der Vorwurf. Dementsprechend lassen sich die allgemeine Unbeliebtheit von Hedgefonds und die zahlreichen
Negativschlagzeilen erklären.
Aufgrund der riskant-komplexen Anlagestrategien ist generell von einer Investition in Hedgefonds
abzuraten. Außerdem
sind die Anlageprodukte deutlich weniger transparent als regulierte Anlagevehikel oder börsennotierte Gesellschaften.
Eine mögliche Alternative – zumindest für erfahrene Anleger – sind sogenannte Liquid Alternatives, die
nach der
europäischen Wertpapierrichtlinie UCITS reguliert sind. Im Gegensatz zu Hedgefonds dürfen die Produkte somit auch an
Privatanleger verkauft werden. Die auch „Hedgefonds-light“ genannten Fonds versprechen stabile
Renditen, und sie
korrelieren nur geringfügig mit traditionellen Anlageformen wie Aktien und Anleihen – ohne dabei an Liquidität
einzubüßen.
Das Fondsmanagement kann ebenfalls eine Vielzahl von Anlageklassen (auch Rohstoffe), Handelstechniken, Shorting sowie
Leverage nutzen, um bessere Risiko-Ertrags-Profile zu erzielen. Doch anders als die klassischen Hedgefonds müssen sich
Liquid Alternatives dabei an den regulierten UCITS-Rahmen halten.
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