Von Valeria Nickel – aktualisiert am 31.01.2024
Das Zeitalter der sozialen Netzwerke und des „Teilens“ hat auch in der Finanzbranche Einzug gehalten: Auf
Social-Trading-Plattformen folgen Anleger nicht mehr den Handelssignalen, Trading-Empfehlungen und Strategien
eines Fondsmanagers oder Bankberaters, sondern der Community.
Im Folgenden erfahren Sie, wie genau man beim Social Trading investiert und welche Nachteile es gibt. Außerdem
stellen wir Ihnen die bekanntesten Plattformen im Vergleich vor.
Je nach Plattform können die Nutzer (bzw. Follower) beim Social Trading in unterschiedliche Werte und nach einem
variierenden Modell investieren. Das geschieht häufig über Derivate (wie Zertifikate oder CFDs), mit denen indirekt in einen Basiswert, zum Beispiel Aktien oder Anleihen, investiert wird.
1 | Copy-Trading
Copy-Trading bedeutet, dass erfolgreiche Trader (auch Signalgeber genannt) auf einer Online-Plattform anderen Followern
Einsicht in ihr Portfolio gewähren. Somit haben Follower die Möglichkeit, den gesamten Handelsaktivitäten der Trader
jederzeit zu folgen. Zudem können Follower, wenn sie möchten, jede Handelsaktivität der Social Trader vollautomatisch
mit eigenem Geld kopieren.
Die Finanzinstrumente, mit denen Copy-Trading-Plattformen wie Etoro oder Zulutrade hauptsächlich operieren, sind CFDs
und Forex-Trading.
2 | Zertifikate
Bei der Social-Trading-Plattform Wikifolio wird über ein eigens entwickeltes Finanzprodukt mittels Zertifikaten in
Aktien, Fonds und ETF investiert.
Signalgeber stellen hierbei zunächst ein Portfolio aus verschiedenen Werten zusammen. Finden sich genügend Follower für
ein Portfolio, so wird dieses mithilfe einer Partnerbank von Wikifolio in ein Indexzertifikat umgewandelt und nimmt dann
am regulären Börsenhandel teil. Anleger können dann an diesem Index partizipieren.
Eine Frage, die sich über kurz oder lang beim Social Trading aufdrängt: Warum teilen erfolgreiche Trader überhaupt
kostenlos ihre Handelsstrategie oder ihr Portfolio mit anderen Community-Mitgliedern? Wieso arbeitet man nicht direkt
bei einem Hedgefonds, als Vermögensverwalter oder Broker?
Die Motive können verschieden sein. Zunächst einmal wird Vorzeige-Tradern ein finanzieller Anreiz
geboten, denn Social-Trading-Anbieter zahlen Performance-Fees oder beteiligen die Trader am Handelsvolumen.
Wichtig ist außerdem die Reputation: durch einen transparenten, erfolgreichen Tradingverlauf sammeln
professionelle Analysten immer mehr Ansehen und damit auch potentielle Kunden.
Zudem möchte nicht jeder erfolgreiche Trader angestellt sein, sondern vielleicht lieber selbständig
arbeiten.
Andere, private Trader sind zum Beispiel Studierende oder Spätberufene, die noch
nicht so ein großes Vermögen angesammelt haben, um alleine von ihm leben zu können. Haben sie entdeckt, dass sie ein
gutes Händchen für’s Traden haben, wollen sie sich beim Social Trading ein bisschen ausprobieren. In diesen Fällen
bietet die Social-Trading-Plattform ein zusätzliches Einkommen ohne viel Mehraufwand.
Bei Wikifolio fällt eine Gebühr von 0,95 % pro Jahr für den Besitz eines Zertifikats an. Hinzu kommen Gebühren, die
abhängig von der Performance des Depots sind und zwischen 5 % und 30 % betragen. Diese werden nach dem
High-Watermark-Prinzip berechnet. Das bedeutet, die Performancegebühr fällt beim Erreichen eines neuen
Jahreshöchststandes des Indizes an und wird dann zwischen Plattform und Trader aufgeteilt.
Bei den anderen Plattformen wie Etoro und Zulutrade verdienen die Plattformen, indem die Trader eine indirekte Gebühr
zahlen, den sogenannten Spread. Es handelt sich vereinfacht gesagt um eine Provision, die Plattform und
Händler bei jedem Trade verlangen.
Die Spreads variieren je nach gehandelten Werten sehr stark, sodass es nicht möglich ist, generelle
Aussagen zu machen, wie hoch sie sein dürfen. Ein Vergleich der verschiedenen Plattformen in dieser Hinsicht
rentiert sich aber auf jeden Fall.
Anbieter | Mindestanlagebetrag | Handelbare Werte | Anlagemodell | Gebührenmodell |
---|---|---|---|---|
Wikifolio | Gegenwert von einem Stück zum aktuellen Kurs | Aktien, Fonds, ETFs | Indexzertifikate | Zertifikatsgebühr (0,95% p.a.) und Performancegebühr (5,00 % – 30,00 % p.a.) |
Etoro | 50 $ (Mindesteinzahlung) | CFDs, Forex (Devisen), Aktien, Kryptowährungen | Copy Trading | Spread |
Zulutrade | 250 € | Forex | Copy Trading | Spread |
Nicht nur auf die Gebühren, sondern auch auf folgende vier Nachteile sollten Anleger achten, die sich am Social Trading
ausprobieren möchten:
1 | Die Trader
Der erste Kritikpunkt: Als Follower weiß man gar nicht unbedingt, wem man da genau sein Geld anvertraut. Es gibt etwa
Social Trader, die nur mit Demokonten erfolgreich sind. Mit Echtgeld scheitern sie, zum Beispiel aufgrund von Spreads,
der Slippage oder schlicht und ergreifend aufgrund ihrer Psyche, etwa weil ihnen der Erfolg zu Kopf steigt.
Außerdem kann es Trader geben, die über keinerlei Trading-Erfahrungen verfügen, sondern einfach Portfolios mit allen
möglichen Strategien auf verschiedenen Konten anbieten, um zu schauen, was am besten funktioniert. Damit verbunden
besteht die Gefahr, dass die Follower allein auf die vergangene Performance der Social Trader achten und nicht, ob deren
Strategie ausgeklügelt ist und auch für die Zukunft taugt.
Wenn Follower also einem Trader folgen, der kein professioneller Vermögensverwalter ist, sollten sie auf
Transparenz achten. Überprüfen Sie vor allem, ob der Trader oder die Traderin in der Vergangenheit
Strategiewechsel oder auch Kursverlust offen kommuniziert hat.
2 | Das Herdenverhalten
Eine stete Gefahr beim Social Trading ist es, einer zu großen Gruppe von Anlegern zu vertrauen, ohne die Strategie des
Traders genau zu überprüfen. Marktveränderungen und bestimmte Probleme können somit konsequent ausgeblendet werden. Die
Erfahrung zeigt, dass es in solchen Fällen zu bösen Überraschungen kommen kann – und hohen Verlusten für die Anleger.
Doch die Social-Trading-Plattformen haben darauf reagiert: Follower sind gezwungen, ihr Kapital auf mehrere Trader
aufzuteilen, um das Verlustrisiko zu streuen. Außerdem lassen sich Stop-Loss-Funktionen für
Social-Trading-Konten setzen. Für die Vorzeige-Trader wiederum gibt es Qualifizierungsphasen, in denen sie ihr Know-How
unter Beweis stellen müssen.
3 | Die Slippage
Das dritte Problem steht in Verbindung mit dem Herdenverhalten: die Slippage. Als Slippage bezeichnet
man die Ausführung einer Order zu einem anderen Preis als erwartet.
Je größer die Fangemeinde eines Traders ist und je später man sich selbst als Follower einklinkt, desto länger ist die
Zeitverzögerung bei der Orderausführung, wenn ein Trade kopiert wird. In dieser Zeit kann sich der Kurs
bereits verändern. So können für Anleger Verluste entstehen, denn als Trader kaufen sie dann nicht mehr zum erwarteten
Preis.
Das erklärt, wieso die meisten Anbieter ihren Anlegern nur Forex-Trading bzw. Devisenhandel zur Verfügung stellen.
Seltener werden die wichtigsten Indizes und Rohstoffe angeboten: Denn beim Nachtraden von Aktien, insbesondere bei
Nebenwerten, sind keine fairen Ausführungen garantiert. Außerdem können beliebte und somit häufig kopierte Trader so zu
regelrechten Preistreibern an der Börse werden.
4 | Das Emittentenrisiko
Der Nachteil an der Zertifikat-Methode, wie sie von Wikifolio angeboten wird, ist das Emittentenrisiko:
Ist die Bank, die das Handelszertifikat herausgibt, gezwungen, Insolvenz anzumelden, bedeutet das einen Totalverlust für
die Anleger – ganz unabhängig davon, ob das Zertifikat selbst erfolgreich ist und Gewinne generiert. Grund dafür ist,
dass das investierte Kapital der Anleger in diesem Fall nicht als Sondervermögen gilt und in die Insolvenzmasse
einfließt.
Dieses Risiko wurde lange nicht weiter beachtet. Die Pleite der Bank Lehman Brothers im Jahr 2008 (sowie die
darauffolgende Finanzkrise) hat jedoch gezeigt, dass es nicht zu vernachlässigen ist.
Insgesamt betrachtet ist das Social Trading eine positive Entwicklung, die sich perfekt in die „Sharing-Bewegung“
einreiht, in der Fachwissen, Gewinne, Besitz usw. geteilt werden. Die Vorteile liegen auf der Hand: Trader mit
Expertenwissen werden auf einfachem Weg mit unerfahrenen Investoren zusammengebracht.
Als Follower wiederum muss man seine Anlagen nicht mehr selbst managen und profitiert von einem transparenten
Anlageprozess, weil Anlageentscheidungen unmittelbar publiziert und kommentiert werden können.
Auf einige Punkte sollten Follower aber dennoch achten: So sollten sich die Gebühren im Rahmen halten, denn diese können
die Rendite stark schmälern. Zudem sollten sie möglichst auf seriöse Trader setzen und nicht nur der Herde folgen.
Besonders der CFD-Handel ist höchst riskant und führt bei den meisten Anlegern zum Verlust des angelegten Geldes.
Kennern kann das Social Trading somit als innovative Beimischung für ihr Depot dienen. Jedoch kann, wie bei allen
Geldanlagen, etwas Wissen rund ums Investieren nicht schaden und auch die Risiken sollten nicht zu gering bewertet
werden.
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