Von Annette de los Santos – aktualisiert am 13.03.2024
Die Growth-Strategie oder Wachstumsstrategie ist eine der wesentlichen Anlagestrategien an der Börse. Im Gegensatz zur Value-Strategie konzentriert sich die Growth-Strategie stärker auf die Wachstumsaussichten ganzer Branchen als auf die Werthaltigkeit von Einzelaktien. Die Growth-Investoren versuchen, frühzeitig künftige Wachstumsmärkte zu erkennen und die Unternehmen herauszufiltern, die sich bereits wesentliche Anteile an wachsenden Märkten sichern konnten und von ihrer relativen Größe profitieren. Aber auch junge Unternehmen in zukunftsträchtigen Branchen kommen in Betracht. Häufig gelingt es dabei, Gewinne mit Aktien zu erzielen, deren Unternehmen noch Verluste verbuchen.
Ein Beispiel für ein erfolgreiches Investment nach den Prinzipien der Growth-Strategie in junge Unternehmen ist Facebook, das bei seinem Börsengang noch keine Gewinne erzielt hat. Auch eBay oder Amazon haben seit ihrem Börsengang Umsatz und Gewinn stetig steigern können.
Unter den Growth-Aktien finden sich aber auch Unternehmen, die schon über Jahrzehnte Umsätze und Gewinne steigern konnten, weil sie ständig expandieren oder in stetig wachsenden Märkten operieren.
Tatsächlich halten sich die Erfolge von Growth- und Value-Aktien langfristig ungefähr die Waage. Die Value-Aktien haben über die letzten Jahrzehnte geringfügig besser abgeschnitten. Die Grenzen sind jedoch fließend. Growth-Unternehmen können zu Value-Unternehmen werden und Value-Unternehmen können durch die Eröffnung neuer, zukunftsträchtiger Geschäftssparten ein stärkeres Wachstum erzielen.
In Zeiten der „New Economy“ war die Wachstumsstrategie die erfolgreichere Anlageform, zumindest bis zum Platzen der Blase. Wer damals in die „richtigen“ Unternehmen, wie z.B Apple oder Google investiert hat, kann sich an erheblichen Renditen erfreuen.
Zu den Growth-Unternehmen gehören vor allem (aber nicht nur) Hochtechnologie-Unternehmen und zunehmend auch Biotechnologie- oder Medizintechnik-Unternehmen. Bei kleineren Unternehmen und ausgesprochenen „Newcomern“ besteht allerdings das Risiko, dass die Wachstumserwartungen nicht erfüllt werden. Dann sollte der Anleger diese Aktien schnellstmöglich wieder abstoßen. Eine laufende und intensive Beobachtung dieser Unternehmen ist daher erforderlich.
Letztlich hängt es vom Anlagehorizont und der Risikobereitschaft des einzelnen Anlegers ab, welche Strategie er präferiert.
Die wichtigste Kennzahl für die Aktienauswahl („Stock-Picking“) ist das KGV (Kurs-Gewinn-Wachstums-Verhältnis) oder auch PEG (engl.). Zudem werden Aktien auch mit komplexeren Methoden, wie z.B. der Discounted Cash Flow Methode beurteilt. Über Unternehmen, die noch keine Gewinne, aber stark wachsende Umsätze erzielen, kann das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) Aufschluss geben. Der Kurs je Aktie wird ins Verhältnis zum Umsatz je Aktie gesetzt. Ein KUV = 1 bedeutet eine faire Marktbewertung, < 1 deutet auf eine Unterbewertung hin. Während der Internetblase kam es allerdings zu Manipulationen der Umsätze, so dass diese Kennzahl etwas in den Hintergrund geraten ist.
Für Unternehmen, die Gewinne erwirtschaften, ist die Kennzahl „Ergebnis per Aktie“ (EPS – earnings per share) von wesentlicher Bedeutung. Sie wird in jedem Jahresabschluss eines an der Börse notierten Unternehmens ausgewiesen. Besonders im Vergleich mit anderen Unternehmen derselben Branche ist diese Kennzahl sehr aussagekräftig, sollte aber auch mit dem KUV verglichen werden, da manche Branchen geringere Margen als andere erzielen.
Der Börsenexperte Benjamin Graham berechnete stets den inneren Wert einer Aktie und zog daraus erste Schlüsse. Im Folgenden wird diese Strategie in ihren Grundzügen vorgestellt.
Der innere Wert einer Aktie gibt Aufschluss darüber, ob eine Aktie über-, fair- oder unterbewertet ist. Für die Ermittlung des inneren Werts einer Aktie stellte Graham eine einfache Formel auf:
Die Formel zeigt, dass für die Berechnung des inneren Werts lediglich die zwei Werte, Ergebnis je Aktie und jährliches Gewinnwachstum, benötigt werden. Eine Berechnung könnte dann wie folgt aussehen:
Kennzahl | Wert |
---|---|
Ergebnis je Aktie | 2,00 € |
Gewinnwachstum p.a. | 5 % |
Der Wert der Aktie liegt laut dieser Berechnung also bei 37,00 €. Betrachtet man die Formel nun genau so stellt man fest, dass Graham mit seiner Formel das Ergebnis je Aktie mit dem KGV (ermittelt in der Klammer) multipliziert. Die Formel kann also auch wie folgt aussehen:
Für eine aussagekräftige Berechnung des Aktienwerts müssen mindestens die letzten 5 – 10 Jahre betrachtet werden. Hier kann die Berechnung eines Durchschnittswerts sinnvoll sein. Das große Problem hierbei ist jedoch, dass man entweder auf die Zahlen der letzten Geschäftsberichte oder den aktuellen Schätzungen einschlägiger Finanzportale bzw. Finanzzeitschriften zurückgreifen kann. Vergleicht man die Ergebnisse beider Datenquellen, werden zum Teil gravierende Wertunterschiede ersichtlich.
Fazit hierzu muss folglich sein, dass die Formel von Graham zur groben Einschätzung herangezogen werden kann. Allerdings sollte man sich darüber hinaus weiteren Methoden bedienen, um eine aussagekräftige Entscheidungsgrundlage zu schaffen. Hierzu gehört ein Blick auf die größten Wettbewerber und die Entwicklung bzw. das Entwicklungspotential der Branche. Zudem kann ein Blick auf die derzeitige Berichterstattung bezogen auf die Branche und das betreffende Unternehmen sinnvoll sein. Anleger sollten zudem immer eine Sicherheitsmarge einkalkulieren, um Unvorhergesehenes abfedern zu können.
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