Annette de los Santos, 06.01.2021
Value-Aktien werden die Aktien genannt, die nach der Value-Strategie ausgewählt werden („Stock-Picking“). Mit Value ist der deutsche Begriff „Wert“ gemeint. Der Value-Ansatz wurde von dem US-amerikanischen Wissenschaftler und Fondsmanager Benjamin Graham entwickelt und in dessen 1949 erschienenen Buch „The Intelligent Investor“ beschrieben. Der Graham-Schüler und Börsen-Guru Warren Buffett schwört noch heute auf die Value-Investing-Strategie, die ihn zu einem der reichsten Menschen der Welt machte. Dennoch ist die Zahl ihrer Anhänger überschaubar.
Die Grundidee ist, sich bei der Aktienauswahl mehr auf die Qualität des Unternehmens zu konzentrieren als auf allgemeine Börsentendenzen. Gesucht wird nach Unternehmen, deren Börsenwert deutlich unter ihrem Buchwert liegt. Value-Investoren schwimmen daher oft gegen den Strom und kaufen, wenn die anderen gerade panisch verkaufen. Denn während die Börsenkurse teils stark schwanken, bleibt der innere Wert eines Unternehmens meist relativ stabil. Die Devise beim Value Investing lautet: Hohe Qualität zum günstigen Preis einkaufen.
Diese Devise setzt voraus, dass die Märkte zumindest temporär ineffizient sind, die Börsenkurse entsprechender Unternehmen also zeitweise unter dem tatsächlichen Buchwert liegen. Wichtig ist hierbei, dass der Kursverlust eines Unternehmens keiner umfangreichen Prüfung standhält, also „unbegründet“ und damit lediglich auf die allgemeine Stimmung am Markt zurückzuführen ist. Dann ist es vermutlich Zeit zuzuschlagen! Sinkt der Aktienkurs eines Unternehmens hingegen begründet (z.B. durch einen erneuten Gewinneinbruch), so ist dies vermutlich kein guter Zeitpunkt zum Kauf.
Value-Investoren schauen also nicht primär auf den Aktienkurs, sondern ermitteln den inneren Wert des Unternehmens. Ein Blick in die Geschäftsberichte ist daher unerlässlich. Es gilt eine Reihe an Kennzahlen zu prüfen und auf deren Grundlage einen „fairen Wert“ zu definieren. Liegt der Börsenwert dann unter den fairen Wert ist das Unternehmen unterbewertet und ein Kauf erscheint sinnvoll. Hierbei sollte aber immer eine gewisse Sicherheitsmarge (margin of safety) berücksichtigt werden.
Bei Value-Aktien zeichnen sich die dahinterstehenden Unternehmen grundsätzlich durch ein leicht verständliches und bewährtes Geschäftsmodell aus. Darüber hinaus sind bei Value-Aktien u.a. folgende Charakteristika der Unternehmen zu erkennen:
Der innere Wert der Unternehmen setzt sich aus dem Wert ihrer Vermögensgegenstände, dem Wert ihrer Ertragskraft und dem Wert des zukünftigen Wachstums zusammen. Verglichen mit ähnlichen Unternehmen erscheinen sie von der Börse unterbewertet.
Aber nicht alle Aktien, deren Kurswert unter dem Buchwert liegt, sind Schnäppchen. Besonders bei drastisch gesunkenen Kursen ist Vorsicht geboten. In die Betrachtung muss daher immer die Gesamtsituation des Unternehmens einbezogen werden. Eine Auswahl der zu betrachtenden Kennzahlen finden Sie in der folgenden Übersicht.
Kennzahl | Richtwert | Formel | Erläuterung |
---|---|---|---|
Kurs-Buch- Verhältnis (KBV) |
< 1 | aktueller Aktienkurs Eigenkapital je Aktie |
Börsenkurs pro Aktie < Buchwert pro Aktie |
Kurs-Gewinn- Verhältnis (KGV) |
< 10 | aktueller Aktienkurs Gewinn je Aktie |
Aktienkurs nicht mehr als 10-faches vom Gewinn |
Kurs-Cash-Flow- Verhältnis (KCV) |
< 4 | aktueller Aktienkurs Cash-Flow je Aktie |
Aktienkurs nicht mehr als 4-faches vom Gewinn |
Gewinn- wachstum |
> 10 % | (Jahresgewinn – Vorjahresgewinn) × 100 Vorjahresgewinn |
Gewinnwachstum muss nachhaltig sein |
EK-Quote | > 25 % | Eigenkapital Gesamtkapital |
Anteil des Eigenkapitals an der Bilanzsumme |
EK-Rendite | > 12 % | Gewinn × 100 Eigenkapital |
Gewinn/Eigenkapital muss nachhaltig sein |
Dividenden- rendite |
> 4 % | Dividende je Aktie × 100 Aktienkurs |
Nachhaltig aus dem Ertrag gezahlt |
Wie beim Perlenfischen ist das der schwierigste Part. Er setzt ein hohes wirtschaftliches Verständnis und eine detaillierte Unternehmensanalyse voraus. Darüber hinaus sollte der Anleger die Suche auf Unternehmen beschränken, deren Geschäft er versteht. Anhaltspunkte für unterbewertete Aktien sind:
Auch Unternehmen, die in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ein marktgerechtes Angebot haben, wie z.B. der amerikanische Einzelhändler Wal-Mart, der in Krisenzeiten von seinen günstigen Verkaufspreisen besonders profitiert und aufgrund seiner Stärke und Größe einen deutlichen Wettbewerbsvorteil hat, können interessante Value-Titel sein.
Value-Investoren sind langfristig orientiert. Sie finden die geeigneten Unternehmen lange bevor der Markt diese entdeckt. Wenn Sie in Value-Aktien investieren möchten, brauchen Sie deshalb vor allem Geduld. Der Anlagehorizont sollte auf mindestens 3 bis 5 Jahre ausgerichtet sein.
Tipp: Nach Warren Buffett sollte man hervorragende Unternehmen finden und beobachten, dann zu einem günstigen Zeitpunkt kaufen und erst in 5 bis 10 Jahren wieder im Depot nach dem Wert des Investments schauen.
Warren Buffett investiert mit seiner Investmentholding Berkshire Hathaway seit Jahrzehnten in hervorragende Unternehmen, die seiner Meinung nach zum Zeitpunkt des Kaufs unterbewertet sind. In den Top 10 des Berkshire Hathaway Portfolio (gemessen am Wert aller Anteile in US$ am 06.01.2021) befinden sich folgende Aktien:
Unternehmen |
Branche |
Anteil am Portfolio |
---|---|---|
Apple Inc. |
Hard- und Softwareentwicklung |
47,40 % |
Bank of America Corp. |
Bank | 11,72 % |
Coca Cola Co. | Getränkeindustrie | 7,83 % |
American Express Company |
Finanzdienstleistungen | 6,75 % |
Kraft Heinz Co. |
Lebensmittel | 4,10 % |
Moody’s Corporation |
Finanzdienstleistungen | 2,63 % |
U.S. Bancorp | Finanzdienstleistungen | 2,60 % |
DaVita Inc. | Medizintechnik | 1,58 % |
Wells Fargo & Co. |
Bank | 1,46 % |
General Motors Company |
Bank | 1,25 % |
Sonstige Beteiligungen |
Diverse Branchen | 12,69 % |
Quelle: CNBC , Stand: 06.01.2021.
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