Von Mauritius Kloft – aktualisiert am 02.05.2024
Das Ertragswertverfahren ist neben Vergleichswert- und Sachwertverfahren eine Methode zur Immobilienbewertung. Es ist
für Immobilien bestimmt, die regelmäßige Erträge abwerfen. Lesen Sie hier, was das Ertragswertverfahren ist – und wie
genau Sie den Ertragswert in fünf Schritten berechnen können.
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Das Ertragswertverfahren ist eine Methode zur Berechnung des Wertes eines Mietobjekts. Der Ertragswert stützt sich
maßgeblich auf die Höhe der künftigen Mieteinnahmen[1].
Im Ertragswertverfahren werden Bodenwert und Gebäudeertragswert errechnet, um den Verkehrswert zu ermitteln. Der
Verkehrswert bezeichnet den erwarteten Marktpreis eines Objekts. Der Bodenwert meint derweil den Verkehrswert des
unbebauten Grundstückes[2]. Der Gebäudeertragswert wiederum gibt an, wie
hoch die zu erwartenden Einnahmen aus der
Immobilie sind[3].
Ertragswert = Bodenwert + Gebäudeertragswert
Beim Ertragswertverfahren steht nicht der Sachwert der
Immobilie im Vordergrund, sondern wie viel Rendite
sich durch eine Immobilie erzielen lässt. Es kann deswegen nur bei Gebäuden angewandt werden, die in Zukunft Erträge
abwerfen – also in der Regel Mietimmobilien.
Das sind hauptsächlich:
Die Berechnung des Ertragswerts ist durchaus komplex, da sie zahlreiche Faktoren einbezieht. Diese sind bisweilen nicht
immer verfügbar. Für eine exakte Immobilienbewertung durch das Ertragswertverfahren sollten Sie deswegen auf das
Wertgutachten eines staatlich geprüften Gutachters zurückgreifen.
Mit einem vereinfachten Ertragswertverfahren können Sie jedoch selbst einen ungefähren Anhaltspunkt für den Verkehrswert
Ihrer Immobilie berechnen[4]. Um die Berechnung in fünf Schritten zu erläutern, nehmen wir folgende Beispielimmobilie an:
1. Ermittlung des Bodenwerts
Als erstes ermitteln wir den Bodenwert des unbebauten Grundstücks. Liegen keine Preise von kürzlich verkauften
Grundstücken vor, können Sie auf die Bodenrichtwerte der lokalen Gutachterausschüsse zurückgreifen. Der Bodenrichtwert
wird mit der Fläche des Grundstückes multipliziert.
Bodenwert = Bodenrichtwert x Grundstücksfläche
Die Bodenrichtwerte werden von den Gutachterausschüssen mindestens alle zwei Jahre berechnet und in Bodenrichtwertkarten
veröffentlicht. Die Ausschüsse ziehen hierfür die Preise zuvor verkaufter Grundstücke heran und arbeiten für das konkret
betrachtete Grundstück mit Zu- und Abschlägen, ausgehend von Lage, Bepflanzung etc.[5].
Beispiel |
---|
Bei einem Bodenrichtwert von 500 €/m² und einer Grundstücksfläche von 400 m² ergibt sich folgender Bodenwert: |
500 €/m² × 400 m² = 200.000 € |
2. Berechnung des Grundstücksreinertrags
In einem nächsten Schritt ermitteln wir die erwarteten Mieteinnahmen bzw. der Grundstücksreinertrag des Gebäudes. Für
die Berechnung des Grundstücksreinertrags müssen die Bewirtschaftungskosten von den zukünftigen Jahresrohmieten bzw. dem
Rohertrag abgezogen werden.
Grundstücksreinertrag = Jahresrohertrag – Bewirtschaftungskosten
Der Rohertrag bezeichnet die marktüblich erwartbaren Mieteinnahmen, wenn das Grundstück ordnungsgemäß bewirtschaftet
wird[6]. Auf
zwölf Monate gerechnet handelt es sich um den Jahresrohertrag.
Jahresrohertrag = Wohnfläche × Quadratmetermiete × 12 Monate
Beispiel |
---|
Jahresrohertrag: (400 m² × 10 €/m²) × 12 = 48.000 € |
Die Bewirtschaftungskosten sind jene Beträge, die bei der Bewirtschaftung des Gebäudes anfallen und die nicht auf den
Mieter umgelegt werden können. Gesetzlich sind die Bewirtschaftungskosten in folgende vier Posten
aufgeschlüsselt[7]:
Hier können Sie mit etwa 25 % der Nettomieteinnahmen rechnen.
Bewirtschaftungskosten = Jahresrohertrag x 0,25
Beispiel |
---|
Für unser Beispiel ergeben sich folgende Bewirtschaftungskosten: |
48.000 € x 0,25 = 12.000 € |
Um den Jahresreinertrag bzw. den Grundstücksreinertrag zu bestimmen, müssen wir die Bewirtschaftungskosten vom
Jahresrohertrag abziehen.
Beispiel |
---|
48.000 € – 12.000 € = 36.000 € |
3. Berechnung des Gebäudereinertrags
Im nächsten Schritt ziehen wir für die Berechnung des Gebäudereinertrags die sogenannte Bodenwertverzinsung vom
Jahresreinertrag ab. Der Grund: Der Grundstücksreinertrag umfasst nicht nur den Ertrag des Gebäudes, sondern auch die
erwartete Wertsteigerung des unbebauten Grundstücks. Um eine doppelte Erfassung des Grundstückswerts zu umgehen, ziehen
wir die Bodenwertverzinsung ab.
Gebäudereinertrag = Grundstücksreinertrag – Bodenwertverzinsung
Nach dem Bewertungsgesetz ist für die Bodenwertverzinsung der Liegenschaftszinssatz grundlegend. Der
Liegenschaftszinssatz bezeichnet denjenigen Zinssatz, mit dem der Immobilienwert marktüblich im Durchschnitt verzinst
wird.
Der Liegenschaftszins ist hauptsächlich abhängig von Lage, Gebäudeart und Restnutzungsdauer. Ein hoher Liegenschaftszins
weist hierbei auf eine höhere Rendite, aber auch auf ein höheres Risiko hin.
Bodenwertverzinsung = Bodenwert x Liegenschaftszins
Den jeweiligen Liegenschaftszinssatz berechnen die örtlichen Gutachterausschüsse aus historischen Kaufpreisen und
Reinerträgen von Grundstücken. Oft sind diese Werte jedoch umstritten – oder überhaupt nicht vorhanden. Liegen keine
Daten vor, schreibt das Bewertungsgesetz bei Mietwohngrundstücken einen Liegenschaftszinssatz von 3,55 % und bei
Gewerbeimmobilien von 6,0 % vor[8].
Beispiel |
---|
In unserem Beispiel ergibt sich bei einem Bodenwert von 200.000 € und einem Liegenschaftszins von 5 % folgende Bodenwertverzinsung: |
200.000 € x 0,05 = 10.000 € |
Diesen Wert ziehen wir nun vom Jahresreinertrag ab. |
Gebäudereinertrag: 36.000 € – 10.000 € = 26.000 € |
4. Ermittlung des Gebäudeertragswerts mit Vervielfältiger
Anschließend multiplizieren wir den Gebäudereinertrag mit dem Vervielfältiger, um den Gebäudeertragswert zu
erhalten.
Gebäudeertragswert = Gebäudereinertrag x Vervielfältiger
Der Vervielfältiger setzt sich aus einer Formel zusammen, die sowohl Liegenschaftszins als auch Restnutzungsdauer
einbezieht. Der Wert ist umso höher, je länger die Immobilie genutzt werden kann.
Vervielfältiger =
(Liegenschaftszins
+ 1)[[Restnutzungsdauer]] – 1
(Liegenschaftszins + 1)[[Restnutzungsdauer]] ×
Liegenschaftszins
Ist das Gebäude noch bewohnbar, schreibt der Gesetzgeber eine Restnutzungsdauer von mindestens 30 % der sogenannten
wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer vor. Die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer ist im Bewertungsgesetz ebenfalls
rechtlich geregelt. Bei Mehrfamilienhäusern beträgt sie zum Beispiel 80 Jahre.
Beispiel |
---|
In unserem Beispiel ergibt sich bei einem Liegenschaftszins von 5 % und einer Restnutzungsdauer von 45 Jahren der folgende Vervielfältiger. |
Vervielfältiger: (1,05[[45]] – 1) ((1.05)[[45]] × 0,05) = 17,77 ∼ 18 |
Der Gebäudereinertrag wird nun mit dem (in diesem Beispiel gerundeten) Vervielfältiger von 18 multipliziert. |
Gebäudeertragswert: 26.000 € x 18 = 468.000 € |
5. Berechnung des Ertragswerts
Im Anschluss rechnen wir Bodenwert und Gebäudeertragswert zusammen. In einem letzten Schritt müssen wir die sogenannten
Wertänderungen mit einbeziehen. Das sind weitere Umstände, die den Verkehrswert des Gebäudes mindern oder steigern
können, etwa ein guter Gebäudezustand, Bauschäden oder Mietbindungen.
Ertragswert = Gebäudeertragswert + Bodenwert +/– Wertänderungen
Beispiel |
---|
Bei angenommenen Bauschäden von 68.000 € ergibt sich in unserem Beispiel der folgende Ertragswert. |
468.000 € + 200.000 € – 68.000 € = 600.000 € |
Ermittlung des Ertragswerts im Überblick
In dieser Aufstellung finden Sie die fünf Schritte zur Ermittlung des Ertragswerts mit den Zahlen der Beispielimmobilie
noch einmal im Überblick:
1. Bodenwert | ||
---|---|---|
Bodenrichtwert × Grundstücksgröße |
500 €/m² × 400 m² |
= 200.000 € |
2. Grundstücksreinertrag | ||
Jahresrohertrag − Bewirtschaftungskosten |
48.000 € – 12.000 € |
= 36.000 € |
Jahresrohertrag | (400 m² × 10 €/m²) × 12 | = 48.000 € |
Bewirtschaftungskosten | 48.000 € × 0,25 | = 12.000 € |
3. Gebäudereinertrag | ||
Grundstücksreinertrag – Bodenwertverzinsung |
36.000 € − 10.000 € |
= 26.000 € |
Bodenwertverzinsung | 200.000 € × 0,05 | = 10.000 € |
4. Gebäudeertragswert | ||
Gebäudereinertrag × Vervielfältiger |
26.000 € × 18 |
= 468.000 € |
Vervielfältiger | (1,05[[45]] – 1) ((1.05)[[45]] × 0,05) = |
∼ 18 |
5. Ertragswert | ||
Gebäudeertragswert + Bodenwert +/– Wertänderungen (Baukosten) |
468.000 € + 200.000 € – 68.000 € |
= 600.000 |
Die Kosten für ein Wertgutachten variieren je nach Komplexität und Größe der Immobilie. Gutachten für kleine Mietshäuser
sind logischerweise einfacher und günstiger als für komplexe Bürogebäude.
Kurzgutachten für einen realistischen Verkaufspreis können bereits weniger als 100 € kosten, sie umfassen aber nur
ein
bis zwei Seiten. Langgutachten, die vor Gericht verwendet werden sollen, sind deutlich detaillierter. Hier können
bisweilen Kosten von 2.000 € fällig werden – oder noch mehr.
Das Ertragswertverfahren hat zwei zentrale Vorteile. Eine Übersicht:
Die Nachteile des Ertragswertverfahrens sind folgende:
Neben dem Ertragswertverfahren gibt es noch zwei weitere standardisierte Methoden, um den Wert einer Immobilie zu
ermitteln. Ein Überblick:
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