Von Mauritius Kloft, Saskia Reh – aktualisiert am 25.11.2024
Das Wichtigste in Kürze |
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Obwohl oft unterschätzt, kann das Sachwertverfahren entscheidend sein, wenn es darum geht, den
wahren Wert einer
Immobilie zu bestimmen – besonders bei einzigartigen Objekten ohne direkte Vergleichsmöglichkeiten. Hier
erfahren
Sie, wie Sie in nur drei Schritten den Sachwert einer Immobilie berechnen und warum dieses Verfahren gerade bei
besonderen Immobilien oft die beste Wahl ist.
Das Sachwertverfahren ist eine von drei Möglichkeiten, den Gebäudewert standardisiert zu
berechnen[1]. Es
kommt oftmals
bei öffentlichen Gebäuden (Schulen, Bahnhöfen) oder bei Ein- oder Zweifamilienhäusern zum Einsatz, die Sie selbst
nutzen. Mit der Wertermittlung über das Sachwertverfahren können Sie bestimmen, wie viel es kosten würde, ein
bestehendes Gebäude heute noch einmal zu bauen. In der Praxis wird das Sachwertverfahren jedoch
eher selten
eingesetzt. Wenn möglich, wird auf das Vergleichswert- oder das Ertragswertverfahren zurückgegriffen, da diese
Methoden einen Gebäudewert ermitteln, der näher am Marktgeschehen liegt (siehe unten).
Das Sachwertverfahren kommt immer dann zum Einsatz, wenn es an Vergleichswerten mangelt. Das kann
etwa der Fall sein,
wenn die ortsüblichen Mieten nicht ermittelt werden können oder keine vergleichbaren Objekte vorhanden sind. Sie
können es zudem anwenden, wenn Sie das Gebäude privat verkaufen, aber keine Rendite erzielen
wollen[2].
Der zentrale Wert des Sachwertverfahrens sind die Herstellungskosten für den fiktiven Neubau[3]. Von diesen Kosten wird
je nach Alter des Hauses ein Betrag abgezogen, die sogenannte Alterswertminderung. Anschließend wird der Bodenwert
des Grundstückes hinzugerechnet.
Nach einer Preisanpassung an den Immobilienmarkt durch den sogenannten Marktanpassungsfaktor erhalten Sie den
erwarteten Marktpreis (Verkehrswert) der Immobilie. Wie das Sachwertverfahren genau
funktioniert, lesen Sie im
folgenden Abschnitt.
Wie man den Sachwert ermittelt, ist im Bewertungsgesetz (BewG) und der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV
§ 21 bis 23) rechtlich festgelegt. Noch genauere Vorgaben gibt die Sachwertrichtlinie (SW-RL) vor. Wir zeigen Ihnen
die Grundzüge des Verfahrens. Um die Berechnung in drei Schritten anschaulich zu gestalten, nehmen
wir folgende
Beispielimmobilie an:
Beispielimmobilie | |
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Regelherstellungskosten (RHK) | 750 €/m² |
Grundfläche | 200 m² |
Baukosten für Garage und Gartenhaus | 15.000 € |
Alter des Gebäudes | 20 Jahre |
Bodenrichtwert | 300 €/m² |
Um den Gebäudesachwert zu berechnen, werden zuerst die Gebäudeherstellungskosten berechne[4]. Das bedeutet, dass Sie
von einem fiktiven Neubau der bestehenden Immobilie ausgehen. Hierzu nutzt man die sogenannten
Regelherstellungskosten (RHK), also standardisierte Quadratmeterpreise, die im Bewertungsgesetz
festgelegt sind[5].
Diese Preise berücksichtigen verschiedene Bauteile wie Wände, Dach, Fenster, Fußböden und Heizung, um die Baukosten
realistisch abzubilden.
Je nach Qualität des Gebäudes liegen die Herstellungskosten (RHK) zwischen etwa 500 € und 2.000 € pro Quadratmeter.
Um die Gesamtkosten zu berechnen, wird dieser Wert mit der Grundfläche des Hauses multipliziert. Manchmal wird auch
der sogenannte Raummeterpreis angegeben. Im Gegensatz zum Quadratmeterpreis bezieht sich dieser auf den Preis pro
Kubikmeter. Je nach Bauqualität des Gebäudes liegt dieser zwischen 200 € und 500 € pro Kubikmeter.
Regelherstellungskosten × Bruttogrundfläche = Gebäudeherstellungskosten
750 €/m² × 200 m² = 150.000 €
Anschließend ziehen wir von den Herstellungskosten die Alterswertminderung ab[8]. Sie gelangen somit vom fiktiven Neubau
zum derzeitigen Zustand des Hauses und dessen Restnutzungsdauer.
Der Gesetzgeber geht bei Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen von einer Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren aus
und nimmt deswegen eine lineare Wertminderung von 1,25 % pro Jahr durch Abnutzung an (80 x 1,25 % = 100 %).
Gebäudeherstellungskosten – Alterswertminderung = vorläufiger Gebäudesachwert
150.000 € – 37.500 € = 112.500 €
Hinzu kommen in einem letzten Schritt noch die Herstellungskosten für bauliche Außenanlagen auf dem
Grundstück[9], etwa
eine Garage. Auch bei diesen Anlagen wird gegebenenfalls eine Alterswertminderung abgezogen.
vorläufiger Gebäudesachwert + bauliche Außenanlagen = Gebäudesachwert
112.500 € + 15.000 € = 127.500 €
Der Bodenwert wird meist mit dem
Vergleichswertverfahren und somit anhand von Vergleichskaufpreisen ermittelt[10]. Liegen
keine Vergleichspreise von ähnlichen Grundstücken vor, können Sie auf die Bodenrichtwerte der Gutachterausschüsse
zurückgreifen. Die Gutachterausschüsse berechnen die Bodenrichtwerte mindestens alle zwei Jahre neu und
veröffentlichen diese auf Bodenrichtwertkarten.
Bodenrichtwert × Bruttogrundfläche = Bodenwert
300 €/m² × 200 m² = 60.000 €
Die Addition von Gebäudesachwert und Bodenwert ergibt den vorläufigen Sachwert.
Gebäudesachwert + Bodenwert = vorläufiger Sachwert
127.500 € + 60.000 € = 187.500 €
Beachten Sie: Meist entspricht der vorläufige Sachwert nicht dem Preis, den jemand für eine
Immobilie zahlt. Der Grund: Marktteilnehmer sind selten bereit, ein Gebäude zu diesem Preis zu kaufen bzw. zu
verkaufen. Entscheidender ist das aktuelle Verhältnis von Angebot und Nachfrage auf dem Immobilienmarkt.
Deshalb muss beim Verkauf einer Immobilie eine grobe Anpassung an die vorherrschenden
Marktverhältnisse hergestellt
werden. Dazu verwendet man im Sachwertverfahren den Marktanpassungsfaktor bzw. Sachwertfaktor[11].
Diesen Faktor berechnen die lokalen Gutachterausschüsse. Werden im umliegenden Gebiet der Immobilie
Häuser für
durchschnittlich 110 % des vorläufigen Sachwerts verkauft, so beträgt der Marktanpassungsfaktor 1,1.
vorläufiger Sachwert × Marktanpassungsfaktor = Sachwert
187.500 € × 1,1 = 206.250 €
Der Sachwert liegt folglich bei 206.250 €. Inwiefern dieser indes aussagekräftig ist, lässt sich nicht mit Sicherheit
sagen (siehe unten).
Den Sachwert einer Immobilie können Sie nur grob selbst berechnen. Meistens ist es notwendig, einen
Sachverständigen
zu beauftragen, der die Berechnung professionell durchführt. Die Kosten für das Sachwertverfahren variieren und
hängen von mehreren Faktoren ab, wie der Art der Immobilie, ihrer Größe und der Komplexität des Gebäudes. Für
einfache Gebäude liegen die Kosten in der Regel zwischen 2.000 € und 3.000 €, während sie bei komplexeren Objekten
deutlich höher ausfallen können.
Bei rechtlichen Streitigkeiten, bei denen der Sachwert eine Rolle spielt, ist es oft erforderlich, einen
vereidigten
Sachverständigen hinzuzuziehen. Dies ist zum Beispiel bei Erbverfahren oder Scheidungen der Fall und
kann
zusätzliche Kosten verursachen, die in der Regel höher ausfallen.
Anbei finden Sie einen Überblick zu den Vor- und Nachteilen des Sachwertverfahrens:
Vorteile
Nachteile
Neben dem Sachwertverfahren gibt es in Deutschland zwei weitere standardisierte Verfahren zur Ermittlung des Wertes
einer Immobilie. Ein Überblick:
Wie viel ist Ihr Grund und Boden
wert?
So
ermitteln Sie den Grundstückswert
Was sagen die Bodenrichtwerte aus?
Das
lesen Sie hier
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Quellenangaben