Von Mauritius Kloft, Saskia Reh – aktualisiert am 01.11.2024
Das Wichtigste in Kürze |
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Das Vergleichswertverfahren ist eine Methode zur Immobilienbewertung. Im Vergleich zum Ertragswert- und
Sachwertverfahren ist es präziser – stößt in der Praxis jedoch auf Grenzen. Lesen Sie hier, wann das
Vergleichswertverfahren zum Einsatz kommt, wie es genau funktioniert und welche Vor- und Nachteile es hat.
Beim Vergleichswertverfahren wird der Verkehrswert einer Immobilie bzw. Grundstücks anhand ähnlicher verkaufter
Immobilien ermittelt[1]. Der Verkehrswert bezeichnet den erwarteten Marktpreis der Immobilie. Das Verfahren vermittelt
Ihnen eine realistische Vorstellung des Kaufpreises und gilt daher als sehr zuverlässige Bewertungsmethode.
Das Vergleichswertverfahren teilen Experten noch einmal in zwei Methoden auf: dem direkten und dem indirekten
Verfahren. Ein direkter Vergleich – das sogenannte Vergleichspreisverfahren – ist nur selten möglich. Etwa wenn
zufällig eine baugleiche Wohnung im selben Haus vor Kurzem verkauft wurde oder das Reihenhaus nebenan den Eigentümer
gewechselt hat.
Im Regelfall werden nicht ganz baugleiche Objekte verglichen; der Verkauf des Vergleichsobjekts liegt in der Praxis
ebenso bereits länger zurück. Auf dem indirekten Vergleichswertverfahren – dem Vergleichsfaktorverfahren – liegt in
diesem Artikel der Fokus.
Das Vergleichswertverfahren ist besonders nützlich, wenn es um ähnliche Grundstücke, Häuser oder Wohnungen geht. Es
wird häufig für Eigentumswohnungen, Reihenhäuser, Doppelhaushälften und ähnliche Siedlungshäuser verwendet. Wenn es
jedoch keine geeigneten Vergleichswerte gibt, wie bei freistehenden Einfamilienhäusern, ist es besser, das
Sachwertverfahren anzuwenden.
Die Ermittlung des Vergleichswerts ist in der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) und dem
Bewertungsgesetz (BewG) rechtlich geregelt. Im Folgenden stellen wir es in Grundzügen vor:
Bebautes Grundstück
Laut den gesetzlichen Vorgaben muss das Vergleichswertverfahren für bebaute Grundstücke auf aktuellen
Vergleichspreisen basieren[2]. Um diesen Wert zu ermitteln, sollten Sie oder ein Sachverständiger Kontakt mit dem
örtlichen Gutachterausschuss für Grundstückswerte aufnehmen[3]. Diese Institution ist unabhängig und besteht aus
Fachleuten, die aus dem Landrats- oder dem Katasteramt und den Finanzbehörden kommen, sowie aus ehrenamtlichen
Experten.
Die Gutachterausschüsse erhalten gesetzlich alle abgeschlossenen Immobilienkaufverträge von den zuständigen Notaren.
Auf Basis dieser Verträge erstellen sie eine Kaufpreissammlung, in der die ermittelten Vergleichspreise anonymisiert
veröffentlicht werden. Sie können auch auf die Kaufpreissammlung des Finanzamtes zurückgreifen – sofern die
Kaufpreise der Objekte zu stark von dem zu bewertenden Objekt abweichen.
Unbebautes Grundstück
Für ein unbebautes Grundstück können Sie (bzw. der Sachverständige) ebenfalls auf die Vergleichspreise der
Gutachterausschüsse zurückgreifen. Sind diese nicht aussagekräftig, ist es zudem erlaubt, Bodenrichtwerte zu nutzen[4].
Korrekturfaktoren
Wie bereits erwähnt, stimmen die zu vergleichenden Grundstücke so gut wie nie zu 100 % miteinander überein. Deswegen
muss zur Korrektur mit Zu- und Abschlägen gerechnet werden. Bei den Korrekturfaktoren werden zahlreiche
wertbeeinflussende Merkmale, beziehungsweise Vergleichsfaktoren von der Lage und Größe des Grundstücks bis hin zur
Ausstattung der Immobilie berücksichtigt[5].
Je nach Merkmal (wie Größe oder Ausstattung) ist die Wertermittlung einfacher oder komplizierter. Vor allem mit Blick
auf die Bausubstanz und die Ausstattung ist die genaue Berechnung meist komplex.
Folgende Merkmale bzw. Vergleichsfaktoren werden bei Ab- und Zuschlägen für Gebäude und Grundstücke betrachtet:
Beispielrechnung zur Berechnung des Vergleichswerts
Anbei finden Sie ein Beispiel zur groben Ermittlung des Vergleichswerts:
Einheit | Reales Bewertungsobjekt | Vergleichsobjekt | Ab- und Zuschlag (in Prozent) |
---|---|---|---|
Größe | 90 m² | 90 m² | |
Baujahr | 2000 | 1990 | plus 10 % |
Lage | gute Lage | gute Lage | |
Etage | Erdgeschoss | Erdgeschoss | |
Zustand | baujahrtypisch | modernisiert | minus 10 % |
Vermietung | vermietet | vermietet | |
Kaufpreis pro m² | 2.000 € | 2.000 € | |
Absoluter Wert | 180.000 € | 180.000 € |
Der Kaufpreis pro m² liegt bei beiden Objekten bei 2.000 € – beim realen Bewertungsobjekt wurde auf diesen Preis
aufgrund von Werten des Gutachterausschusses zum Vergleichsobjekt geschlossen. Sie sehen: Die Zu- und Abschläge
gleichen sich aus, sodass der Wert des Musterobjekts sowie der realen Wohnung gleich sind.
Anders sehe es zum Beispiel aus, wenn das reale Objekt ebenfalls modernisiert worden wäre. In der Praxis könnten Sie
nun schließen, die Immobilie für mindestens 180.000 € anzubieten – so viel wäre sie ungefähr wert.
In der Regel trägt der Eigentümer einer Immobilie die Kosten für ein Vergleichswertverfahren, um den Immobilienwert
zu bestimmen. Die Kosten hängen vom Umfang des Gutachtens und dem Immobilienwert ab.
Das Honorar eines Sachverständigen richtet sich nach den Honorartafeln der Verordnung über die Honorare für
Architektur- und Ingenieurleistungen (HOAI), ist jedoch nicht verbindlich. Das bedeutet, dass die in diesen Tafeln
angegebenen Honorare eine Orientierung bieten, aber die tatsächlichen Kosten auch variieren können.
Für ein Gutachten einer Immobilie im Wert von etwa 300.000 € können die Kosten zwischen 1.000 € und 1.300 € liegen.
Diese Bandbreite kann von verschiedenen Faktoren abhängen, wie der Komplexität des Gutachtens oder den individuellen
Vereinbarungen zwischen dem Sachverständigen und dem Auftraggeber.
Es ist wichtig zu beachten, dass einige Sachverständige möglicherweise auch von den Honorartafeln abweichen, um ihre
Dienstleistungen anzupassen oder zusätzliche Leistungen anzubieten. Daher ist es ratsam, im Vorfeld eine klare
Absprache über die Kosten zu treffen.
Anbei finden Sie eine Übersicht zu den Vor- und Nachteilen des Vergleichswertverfahrens:
Vorteile | Nachteile |
---|---|
Spiegelt aktuelle Marktpreise realistisch wider | Wenig(er) tauglich bei fehlenden Vergleichspreisen |
Nachvollziehbar und transparent durch reale Vergleichswerte | Sehr ähnliche Grundstücke sind selten |
Gut geeignet für standardisierte Immobilien (z.B. Wohnungen) | Praktisch unmöglich, Wert außergewöhnlicher bzw. komplexer Immobilien zu ermitteln |
Schneller und oft günstiger als andere Verfahren | Fachliche Kompetenz bei genauen Berechnung nötig ⇒ Kosten beachten |
Das Vergleichswertverfahren ist an sich eine relativ zuverlässige Methode, den Marktpreis einer Wohnimmobilie oder
eines Grundstücks zu ermitteln – sofern ähnliche Grundstücke und Gebäude vorhanden sind. Das ist jedoch eher selten.
Das Verfahren orientiert sich sehr nah am Verkehrswert der Immobilie. Eine ungefähre Einschätzung können Sie, wenn
entsprechende Daten vorliegen, auch selbst vornehmen. Bei fehlenden Vergleichsdaten ist das Vergleichswertverfahren
jedoch wenig tauglich.
Des Weiteren kann mit dem Verfahren der Wert von ungewöhnlichen Objekten nicht ermittelt werden. Damit sind
Immobilien gemeint, die in ihrer Art oder Nutzung von den gängigen Standardimmobilien abweichen, wie zum Beispiel
Gewerbeimmobilien, historische Gebäude oder individuell gestaltete Wohnformen. Nicht zuletzt hängt die Ermittlung
des Wertes zudem von der fachlichen Kompetenz bei der Berechnung ab. Hier müssen Sie also eventuell auf einen
kostenpflichtigen Gutachter zurückgreifen.
Neben dem Vergleichswertverfahren gibt es in Deutschland zwei weitere standardisierte Wertermittlungsverfahren. Ein
Überblick:
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