Das Vergleichswertverfahren: Wann und wie kommt es zum Einsatz?

Von Ralf Kretzschmar – aktualisiert am 13.04.2022

Das Vergleichswertverfahren ist neben dem Ertragswert- und Sachwertverfahren eine Methode zur Immobilienbewertung. Lesen Sie hier, wann das Vergleichswertverfahren zum Einsatz kommt, wie es genau funktioniert und welche Vor- und Nachteile es hat.

Wie funktioniert das Vergleichswertverfahren?

Das Verfahren berechnet den sogenannten Vergleichswert. Dieser Wert basiert maßgeblich auf Kaufpreisen, die durch den Verkauf ähnlicher Immobilien und Grundstücke realisiert wurden. Somit ist der Vergleichswert relativ genau am Verkehrswert der Immobilie orientiert und vermittelt Ihnen eine realistische Kaufpreisvorstellung. Der Verkehrswert bezeichnet den erwarteten Marktpreis der Immobilie. Das Verfahren gilt deswegen als sehr zuverlässige Bewertungsmethode.

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Allerdings ist ein direkter Vergleich nur selten möglich, etwa wenn zufällig eine baugleiche Wohnung im selben Haus vor Kurzem verkauft wurde oder das Reihenhaus nebenan soeben den Eigentümer gewechselt hat. Zumeist werden jedoch nicht ganz baugleiche Objekte verglichen und nicht selten liegt der Verkauf des Vergleichsobjekts bereits länger zurück.

Wann kommt das Vergleichswertverfahren zum Einsatz?

Das Vergleichswertverfahren eignet sich besonders für ähnliche Grundstücke, Häuser und Wohnungen. Deswegen kommt es vor allem bei Grundstücken, Eigentumswohnungen, Reihenhäusern, Doppelhaushälften (Zweifamilienhäusern) und gleichartigen Siedlungshäusern zum Einsatz. Gibt es, wie bei freistehenden Familienhäusen, keine solide Vergleichsbasis, dann sollte das Sachwertverfahren herangezogen werden.

Das Vergleichswertverfahren im Detail

Die Ermittlung des Vergleichswertes ist im Bewertungsgesetz (BewG) und der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV § 15 und § 16) rechtlich geregelt. In der Folge soll es in Grundzügen vorgestellt werden.

Bebautes Grundstück: Vergleichspreis und Vervielfältiger

Laut Verordnung muss das Vergleichswertverfahren bei bebauten Grundstücken auf Vergleichspreisen basieren. Für diesen Wert müssen Sie sich an die örtlichen Gutachterausschüsse für Grundstückswerte wenden.

Diese Gutachterausschüsse erhalten nach gesetzlicher Regelung alle abgeschlossenen Immobilienkaufverträge von den zuständigen Notaren. Sie stellen die hieraus gewonnenen Vergleichspreise anonymisiert in einer Kaufpreissammlung zur Verfügung.

Weichen die Kaufpreise der Objekte in der Kaufpreissammlung zu stark von dem zu bewertenden Objekt ab, so darf laut Gesetz auch auf die Kaufpreissammlung des Finanzamtes zurückgegriffen werden.

Die ImmoWertV erlaubt jedoch neben den Vergleichspreisen auch die Verwendung von Vergleichsfaktoren bzw. des Vervielfältigers. Allerdings ähnelt das Verfahren dann sehr dem Ertragswertverfahren, weswegen hier auf eine längere Erläuterung des Vervielfältigers verzichtet wird.

Unbebautes Grundstück: Vergleichspreis und Bodenrichtwert

Auch für ein unbebautes Grundstück kann auf die Vergleichspreise der Gutachterausschüsse zurückgegriffen werden. Sind diese nicht aussagekräftig, so erlaubt die ImmoWertV die Verwendung von Bodenrichtwerten.

Sowohl Bodenrichtwerte als auch der Vervielfältiger sind normalerweise nicht beim Vergleichswertverfahren, sondern bei einem üblich. Sie finden deswegen dort mehr Informationen zu beiden Werten.

Abschläge und Zuschläge

Wie bereits erwähnt, ist die vollständige Übereinstimmung der zu vergleichenden Grundstücke so gut wie nie gegeben. Deswegen muss zur Korrektur mit Zu- und Abschlägen gerechnet werden. Hier werden zahlreiche Merkmale von der Lage und Größe des Grundstücks bis hin zur Ausstattung der Immobilie berücksichtigt.

Je nach Merkmal (wie Größe oder Ausstattung) ist die Wertermittlung einfacher oder komplizierter. Vor allem mit Blick auf die Bausubstanz und die Ausstattung ist die genaue meist verhältnismäßig kompliziert.

Die Werte von Ihrem Objekt und Vergleichsobjekt müssen einigermaßen beieinander liegen. Der Unterschied darf jeweils nicht höher als 30 % bis 35 % sein. Ansonsten ist es laut deutscher Rechtsprechung nicht mehr möglich, von vergleichbaren Grundstücken zu sprechen.

Folgende Merkmale werden bei Ab- und Zuschlägen für Gebäude und Grundstücke betrachtet:

  • Örtliche Lage (Mikrolage und Makrolage)
  • Größe des Gebäudes
  • Gebäudeart und Bauweise
  • Qualität der Ausstattung
  • Baujahr, Erhaltungszustand und Restnutzungsdauer
  • Bodenbeschaffenheit
  • Grundstücksschnitt und Ausrichtung
  • Umwelteinflüsse
  • eventuelle (rechtliche) Nutzungsbeschränkungen

Da für die Berechnung und Beurteilung dieser Faktoren eine hohe Sachkenntnis und Erfahrung notwendig ist, sollten Sie für eine genaue Immobilienbewertung einen entsprechenden Sachverständigen engagieren.

Vor- und Nachteile des Vergleichswertverfahrens

Wie bereits erwähnt, handelt es sich beim Vergleichswertverfahren um eine relativ zuverlässige Methode, den Marktpreis eines Grundstücks zu ermitteln. Dies liegt daran, dass sich das Verfahren sehr nah am Verkehrswert der Immobilie orientiert. Eine ungefähre Einschätzung können Sie, wenn entsprechend exakte Daten vorliegen, zudem selbst vornehmen.

Nachteilig am Vergleichswertverfahren ist, dass es bei fehlenden Vergleichspreisen wenig tauglich ist. Hierzu ist noch einmal festzuhalten, dass sehr ähnliche Grundstücke eher eine Seltenheit sind. Desweiteren kann der Wert von ungewöhnlichen Gebäuden nicht mit dem Verfahren ermittelt werden. Nicht zuletzt hängt die Ermittlung des Wertes zudem von der fachlichen Kompetenz bei der Berechnung ab. Hier müssen Sie also eventuell auf einen kostenpflichtigen Gutachter zurückgreifen.

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