Falsch beraten worden? Wann Sie einen geschlossenen Fonds kündigen oder rückabwickeln können

Von Mauritius Kloft – aktualisiert am 12.07.2023

Stellen Sie sich einmal vor, Sie haben 20.000 € in einen geschlossenen Immobilienfonds gesteckt,
weil der Anlageberater Ihrer Hausbank Sie mit irren Renditen im zweistelligen Bereich
gelockt hat. Und nun gerät dieser Fonds in Schieflage. So erging es Tausenden Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern, die
mit geschlossenen Immobilienfonds viel Geld verloren haben. Und immer noch investieren viele Menschen ihre Ersparnisse
in diese riskante Anlage.

In Sonderfällen haben Sie die Möglichkeit einer Rückabwicklung oder Kündigung Ihrer Beteiligung. Im
Folgenden erklären wir, welche Bedingungen dafür greifen müssen – und was Sie beim Ausstieg aus geschlossenen
Immobilienfonds
beachten sollten.

Ihren Anteil an einem geschlossenen Fonds verkaufen? So gelingt es Ihnen!

Von diesen Fonds sollten Sie die
Finger lassen:
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Wann kann ich einen geschlossenen Immobilienfonds kündigen?

Bei geschlossenen Immobilienfonds steckt die Besonderheit bereits im Namen: Denn Sie als Anlegerin oder Anleger haben
normalerweise keine Möglichkeit, Ihren Fondsanteil vor Laufzeitende loszuwerden. Der Fonds ist
geschlossen[1]. Eine ordentliche Kündigung ist meist erst nach zehn Jahren möglich, wenn gesetzliche Ansprüche auf
Schadensersatz bereits verjährt sind (siehe unten).

Geschlossene Immobilienfonds zählten lange zum grauen Kapitalmarkt, weil eine gesetzliche Grundlage fehlte.
Seit 2013 werden sie durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) als
alternative Investmentfonds reguliert[2]. Allein: Die
Risiken sind enorm
hoch, zumal Sie nur in sehr wenige Immobilien investieren. Außerdem werden Sie bei geschlossenen
Immobilienfonds selbst zu Gesellschaftern – meist zum Kommanditisten der
Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG), die den Fonds auflegt[3]. Sie als Privatanlegerin oder Privatanleger sollten sich eine Geldanlage in einen geschlossenen Immobilienfonds daher gut überlegen.

Doch auch beim Investment in geschlossene Immobilienfonds haben Sie die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung.
Dafür müssten Anleger indes nachweisen, dass sie bei der Geldanlage in geschlossene Fonds falsch beraten worden sind, so
Christopher Kress, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

Das bedeutet, der Anlagevermittler hat Sie nicht ausreichend über das Risiko eines Totalverlustes, die Laufzeiten, die
kaum vorhandene Liquidität oder die hohen Kosten für den Kauf des Fondsanteils informiert. Auch ein fehlerhafter
Verkaufsprospekt des Immobilienfonds kann ein außerordentlicher Kündigungsgrund sein.

In einigen Fällen kann eine Härtefallklausel greifen, unter der Sie früher kündigen können. Zu den
Härtefällen zählen
etwa Arbeitslosigkeit, Krankheit oder eine plötzliche Pflegebedürftigkeit. Es kann ebenso ein
Sonderkündigungsrecht
vereinbart werden. Das müsste dann im Vertrag zwischen Ihnen und der Fondsgesellschaft festgeschrieben sein.

Kündigung geht mit hohen Verlusten einher

Doch oft ergibt eine Kündigung eines Fondsanteils wenig Sinn. Denn Sie erhalten nicht die gesamte Beteiligung zurück,
sondern nur ein sogenanntes Abfindungsguthaben. Das entsteht auf Basis der Auseinandersetzungsbilanz,
die etwa den
aktuellen Wert der Immobilie abbildet – und fällt bisweilen sehr gering aus.

Auch Jurist Kress sieht die Nachteile dieser Ausstiegsmöglichkeit. „Häufig haben Anleger eine
Kündigungsfrist von einem
halben Jahr. In dieser Zeit kann viel passieren“, so der Fachanwalt. „Ohnehin ist das Gesellschaftskonto je nach
Informationspolitik des Fonds eine Art Black Box für Investoren. Sie können kaum abschätzen, wie hoch das
Abfindungsguthaben letztlich ausfällt.“

Gut möglich also, dass Sie sich nur mit hohem Verlust von Ihrer Fondsbeteiligung trennen können.
Ohnehin dürfen die Fondsgesellschaften die Auszahlung des Fondsguthabens stunden oder in Jahresraten auszahlen, wenn
ihre Liquidität nicht ausreichen sollte.

Über den Experten

Christopher Kress
Quelle: privat

Christopher Kress ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Partner der
Esslinger
Kanzlei
Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann 
, einer der größten Kanzleien für
Anlegerschutz in Deutschland. Zu seinen Fachgebieten zählen unter
anderem geschlossene Beteiligungen – in dem Zuge hat er viele Prozesse gegen Banken, Anlageberater
und Fondsinitiatoren gewonnen. Seine Kollegen und er vertreten zudem Hunderte Anlegerinnen und
Anleger im Rahmen der Wirecard-Insolvenz oder des Dieselskandals. Kress studierte
Rechtswissenschaften
sowie forensische Informatik und war wissenschaftlicher Mitarbeiter an der juristischen Fakultät der
Universität Tübingen.

Wann lohnt sich ein Widerruf?

Statt einer Kündigung ist es auch möglich, Ihren Fondsvertrag zu widerrufen, erklärt Anwalt Kress. „Das
kann besonders
sinnvoll sein, wenn Anleger mit Hilfe eines Ratensparmodells in den Fonds investieren“, so Kress. „Für einen Widerruf
müssen Anleger nachweisen, dass Formalien in der Widerrufsbelehrung falsch sind.“

Allerdings führe ein Widerruf nicht zu einer Rückabwicklung des Fonds, so Kress. „Doch viele Kunden
sind froh, wenn sie
wenigstens nicht mehr in den Fonds einzahlen müssen.“

Unter welchen Bedingungen kann ich einen Fondsanteil zurückgeben?

Unter bestimmten Bedingungen können Sie einen Fondsanteil vor Laufzeitende an die Kapitalverwaltungsgesellschaft
zurückgeben. Auch Anwalt Kress hält das für sinnvoll. „Bei einer kompletten Rückabwicklung werden Investoren so
gestellt, als ob sie eine Anlage nie gezeichnet hätten“, sagt Kress. „Das ist der Königsweg für den Ausstieg aus einem
geschlossenen Fonds.“

Entscheidend ist hier, dass Sie nachweisen können, falsch informiert oder beraten worden zu sein. Auf der Basis können
Sie Schadensersatz von der Anlageberatung oder der Gesellschaft fordern, wenn der Fonds in Schieflage gerät. Eine
Rückabwicklung ist aber nur maximal zehn Jahre nach Zeichnung des Fonds möglich, danach ist der Anspruch verjährt.

In der Vergangenheit haben Anlagevermittler oftmals zu geschlossenen Fonds für die Altersvorsorge geraten
oder zu Krediten, um die risikoreichen Investments zu finanzieren. Mittlerweile dürfte das kaum noch
vorkommen, weil viele Urteile zugunsten der Anlegerinnen und Anleger gefallen sind und inzwischen der
Anlegerschutz höher ist. Dennoch sollten Sie bei der Geldanlage nicht blind auf Ihren
Berater vertrauen.

Bedingungen für die Rückabwicklung eines geschlossenen Immobilienfonds

Die Rückabwicklung eines geschlossenen Fonds ist nicht einfach – und nur unter einer der folgenden Bedingungen möglich:

Sollten Sie den Anteil an einem geschlossenen Fonds zurückgeben wollen, wenden Sie sich am besten an die
Verbraucherzentrale, eine unabhängige Beratung oder einen Fachanwalt für Kapitalmarktrecht. Sie sollten sich in
jedem Fall überlegen, inwiefern es Sinn ergibt und für Sie lohnen kann.

Fachanwalt Kress schätzt die Chancen für geschädigte Investoren jedenfalls als hoch ein. „Berater müssen umfangreich
über geschlossene Fonds aufklären. Die Gerichte urteilen hier sehr streng – im Sinne der Investoren“, so Kress.

„Zudem gilt der Vorrang des gesprochenen Wortes. Hat ein Berater im Zuge eines Vieraugengesprächs von einer
geschlossenen Beteiligung als ‚bombensichere Anlage‘ gesprochen und das Totalverlustrisiko heruntergespielt, kann
ein Anleger auf der Basis Schadensersatz verlangen.“ Viele Verfahren endeten auch mit einem stillschweigenden
Vergleich, so Kress. „Selbst das kann für Anleger eine Möglichkeit sein, einen Großteil des verlorenen Kapitals
zurückzuerlangen.“

Kaufen Sie den
Fondsanteil
nicht bei einem Anlagevermittler oder einer Bank, sondern über den Zweitmarkt,
entfällt entsprechend die Beratung. In dem Fall ist es nicht möglich, Schadensersatz wegen fehlerhafter
Beratung einzufordern.

Kündigung oder Rückabwicklung: Was sind die Unterschiede?

Ob Rückgabe oder Kündigung – beide Varianten haben Vor- und Nachteile. Eine Übersicht:

Rück­abwicklung Kündi­gung
Ver­jährung Ver­jährungs­frist von zehn Jahren nach Zeich­nung keine Ver­jährungs­frist
Höhe des Betrags Rückgabe des gesamten eingesetzten Kapi­tals, Schadens­ersatz möglich lediglich Abfindungs­­guthaben wird ausge­zahlt
Haftungs­pflichten bestehen nicht weiter können je nach Fonds­art und -Alter weiter bestehen
Beding­ungen bei Prospekt­fehler, falscher Anlage­beratung, falschen Informa­tionen bzgl. Provis­ionen sowie den
prognos­tizierten Aus­schütt­ungen eines Fonds
ggf. Härtefall­klausel oder Sonder­kündigungs­recht; außer­ordentliche Kündi­gung bei Prospekt­fehler
oder falscher Beratung
Kosten im Regel­fall rechtliche Berat­ung nötig kosten­los, evtl. Berat­ung durch Fach­anwalt nötig

Eine Alternative zur Rückgabe oder Kündigung ist ein Verkauf des Fondsanteils auf dem Zweitmarkt.
Das hat einige Nachteile für Sie: Bisweilen müssen Sie Ihren Fondsanteil mit großem Abschlag
verkaufen
, um ihn überhaupt loszuwerden. Ein Verkauf über den Zweitmarkt ist nur möglich, sofern Sie noch
nicht gekündigt haben.

Sollten Sie sich trotz der Nachteile und Risiken für ein Investment in geschlossene
Immobilienfonds entscheiden, werfen Sie unbedingt einen Blick auf die Warnliste der
Stiftung Warentest
. Hier finden Sie Anbieter geschlossener Beteiligungen, die Sie als Anlegerin
und Anleger in jedem Fall meiden sollten.

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Quellenangaben

  1. Kühn, M., Kühn, S. (2023). Handbuch Geldanlage – Verschiedene Anlagetypen für Anfänger und Fortgeschrittene einfach erklärt: Aktien, Fonds, Anleihen, Festgeld, Gold und Co. Berlin: Stiftung Warentest. S. 388 ff.
  2. Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB)
  3. Tietgen, A., Stein, A., Möller, S., Schulze, E. (2020). Immobilien als Geldanlage. Freiburg: Haufe. S. 262
  4. Bundesgerichtshof: III ZR 389/12