So wird die Rente erhöht – doch reicht das aus?

Von Dr. Sabine Theadora Ruh, Mauritius Kloft – aktualisiert am 13.04.2023

Deutschlands 21 Mio. Rentnerinnen und Rentner kennen den 1. Juli eines jeden Jahres. Denn: An diesem Stichtag wird
die Rente angehoben. Dann kommt es zu einer
Rentenerhöhung oder auch Rentenanpassung.

Im Juli 2022 zog die Rente besonders deutlich an – so stark wie seit Jahrzehnten nicht mehr: Im Westen Deutschlands lag
die Rentenerhöhung bei 5,35 %, im Osten bei 6,12 %. Auch 2023 sollen die Renten kräftig steigen, im Osten um
5,86 % und im Westen um 4,39 %[1].

Doch woran liegt das genau? Wir erklären, von welchen Faktoren die Rentenanpassung bestimmt wird – und was Rentner bei
der jährlichen Anhebung beachten sollten.

Wie wird die Rentenerhöhung berechnet?

Die Rentenerhöhung hängt grundsätzlich von der vorausgegangenen Lohnentwicklung ab. Verkürzt gesagt:
Steigen die Durchschnittslöhne in einem Jahr, steigen die Renten im darauffolgenden Jahr. Die Rentenanpassung hängt
indes von einer Vielzahl von statistischen Faktoren ab, die Niederschlag
in der folgenden Rentenanpassungsformel finden:

Rentenerhöhung in Euro = bisheriger Rentenwert × Lohnfaktor × Beitragssatzfaktor ×
Nachhaltigkeitsfaktor × ggf. Nachholfaktor

Doch der Reihe nach:

Rentenwert

Der Rentenwert[2] bestimmt – der Name lässt es
vermuten – wie viel ein Rentenpunkt wert ist. Wenn Sie
Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung zahlen, sammeln Sie Rentenpunkte. Diese bilden die Basis für die spätere
Rentenhöhe. Im Jahr 2022 ist ein Rentenpunkt in Westdeutschland 36,02 €, in Ostdeutschland 35,52 € wert. Ab
Juli 2023 liegt der Rentenwert einheitlich bei 37,60 %. Auch bei der Berechnung der Grundrente kommt der Rentenwert ins Spiel.

Lohnfaktor

Der Lohnfaktor bildet die Lohnentwicklung des vergangenen Jahres ab – genauer: wie stark die Durchschnittslöhne
im vergangenen Jahr
im Vergleich zu dem Jahr davor gestiegen oder gesunken sind.

Beitragssatzfaktor

Dieser Faktor hängt, wie der Name vermuten lässt, vom Rentenbeitrag ab. Steigt der Rentenbeitrag vom
vorvergangenen zum vergangenen Jahr an, wirkt das in der Rentenanpassungsformel entsprechend dämpfend. Bleibt der
Beitrag dagegen gleich, wird der entsprechende Faktor gleich „1“ gesetzt – und kann somit bei der Berechnung ignoriert
werden.

Nachhaltigkeitsfaktor

Der Nachhaltigkeitsfaktor setzt die aktuellen Rentnerinnen und Rentner ins Verhältnis zu den
Beitragszahlern
. So soll die Rentenkasse geschont und „nachhaltig“ aufgestellt werden. Konkret funktioniert
der Faktor so: Sollte die Anzahl der Rentner schneller steigen als die Anzahl der Beitragszahler, dämpft das die
Rentenerhöhung. Zieht die Zahl der Beitragszahler hingegen zügiger an als die Zahl der Rentenbezieher, steigert das die
Rente.

Rentengarantie

Der Lohnfaktor, der Beitragssatzfaktor und der Nachhaltigkeitsfaktor werden mit dem bisherigen Rentenwert multipliziert,
um den Prozentsatz für die Rentenanpassung zu erhalten. Rentenkürzungen sind dagegen nicht möglich, sie
sind gesetzlich ausgeschlossen. Dafür sorgt die sogenannte Schutzklausel[3]. Diese Regelung ist auch als
Rentengarantie bekannt.

Nachholfaktor

Doch wegen dieser Schutzklausel kommt, wenn nötig, ein weiterer Faktor ins Spiel: der Nachholfaktor. Dieser greift dann,
wenn sich bei der Berechnung der Rentenanpassung eigentlich eine Rentenkürzung ergeben hätte, die wegen der
Rentengarantie aber ausgeschlossen ist. Der Nachholfaktor ergibt sich dann aus dem nötigen
Ausgleichsbedarf, der
entsteht. Durch den Nachholfaktor stellt der Bund sicher, dass die Rentenkasse nicht übermäßig belastet
wird. Er wurde
erst von der aktuellen Bundesregierung wieder aktiviert, nachdem er im Jahr 2016 ausgesetzt worden war.

Der Gesetzgeber hat festgeschrieben, dass das Rentenniveau bis 2025 nicht unter 48 % fallen darf. Diese
sogenannte Haltelinie muss der Bund daher bei einer Rentenanpassung ebenfalls im Blick haben – und die Rente im
Zweifelsfall erhöhen.

Reicht die Rentenerhöhung aus?

Das ist die entscheidende Frage. Tatsächlich fielen die Rentenerhöhungen in den vergangenen Jahren recht üppig aus, wie
folgende Tabelle zeigt:


Jahr

Alte Bundesländer

Neue Bundesländer
2023 4,39 % 5,86 %
2022 5,35 % 6,12 %
2021 0,72 %
2020 3,45 % 4,20 %
2019 3,18 % 3,91 %
2018 3,22 % 3,37 %
2017 1,90 % 3,59 %
2016 4,25 % 5,95 %
2015 2,10 % 2,50 %
2014 1,67 % 2,53 %
2013 0,25 % 3,29 %
2012 2,18 % 2,26 %

Wie Sie der Tabelle entnehmen können, gab es im Jahr 2021 eine Nullrunde. Ursache hierfür waren die stark
gefallenen Durchschnittslöhne im Jahr 2020 durch die Corona-Krise. Damals hätten die Renten eigentlich gekürzt
werden müssen, das verhindert aber die Rentengarantie. Also ist ein Ausgleichsbedarf entstanden, der mit dem
Nachholfaktor 2022 abgebaut worden ist. Weil sich die Löhne von 2020 zu 2021 stark erhöhten, zogen auch die Renten
entsprechend deutlich an.

Ob die jährliche Rentenerhöhung indes ausreicht, um den Lebensstandard angesichts der Inflation zu
halten, ist eine persönliche Frage, auf die es keine pauschale Antwort gibt. Klar ist aber: Verlassen sollten Sie sich
nicht darauf. Denn die absolute Höhe der Rentenanpassung ist von der Höhe Ihrer Rente, also des Grundbetrags, abhängig.
Und sollte diese schmal ausfallen, bringt Ihnen auch eine satte Rentenerhöhung wenig.

Sie sollten sich bereits frühzeitig mit Ihrer Altersvorsorge beschäftigen. Wahrscheinlich ist es auch
sinnvoll, privat vorzusorgen.
Das geht etwa, indem Sie Ihr Geld breit gestreut am Aktienmarkt anlegen – über sogenannte ETF. Auch digitale Immobilieninvestments wie
sie auf BERGFÜRST angeboten werden, können Ihre Altersvorsorge ergänzen. Wichtig ist aber
stets, dass Sie auf die richtige Diversifikation achten.

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Welche Renten unterliegen der Rentenerhöhung?

Neben der klassischen Altersrente profitieren noch mehr Rentnerinnen und Rentner in Deutschland von der Rentenerhöhung.
So unterliegen Erwerbsminderungsrenten der Rentenanpassung – das gilt auch für die Rente wegen
teilweiser Erwerbsminderung.

Die jährliche Rentenerhöhung greift auch für Hinterbliebenenrenten. Also werden auch Witwenrenten,
Witwerrenten und Waisenrenten jedes Jahr angepasst. Ebenso wie bei Altersrenten gilt auch bei den anderen Rentenarten
das Datum 1. Juli.

Wann wird die Rentenerhöhung ausgezahlt?

Das kommt in der Regel auf den Zeitpunkt des Renteneintritts an. So überweist die
Rentenversicherung die erhöhte Rente
bereits Ende Juni an die Rentner, die bis März 2004 in den Ruhestand eingetreten sind. Bei einem
späteren Renteneintritt
gibt es die höhere Zahlung erst einen Monat später, also Ende Juli.

Wie hoch eine Rentenerhöhung ausfällt, steht in der jährlichen Rentenanpassungsmitteilung. Diese wird je nach
Renteneintritt bis Ende Juni oder bis Ende Juli verschickt.

Kann ich bei der Rentenerhöhung in die Steuerpflicht rutschen?

Ja, das ist möglich. Denn: Die jährliche Rentenerhöhung ist voll steuerpflichtig. Dadurch kommen bei
einer Rentenerhöhung jedes Jahr immer mehr Ruheständler in die Steuerpflicht.

Um dies zu verstehen, sollte man wissen, dass in Deutschland Renten seit 2005 nachgelagert besteuert
werden[4]. Dadurch
sind die Aufwendungen für die Altersvorsorge zunehmend steuerfrei, während die Rentenbezüge im Alter schrittweise
besteuert werden.

Wie groß der steuerpflichtige Anteil der Rente ist, hängt vom Jahr des Renteneintritts ab – und bleibt dann ein Leben
lang gleich. So lag der steuerpflichtige Anteil der Rente vor 2006 bei 50 %, seitdem steigt er von Jahr zu Jahr an.
Bei
einem Renteneintritt im Jahr 2040 soll er bei 100 % liegen. Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH)[5] muss der
Bund jedoch die Rentenbesteuerung anpassen und den steuerpflichtigen Anteil der Rente langsamer steigen lassen.

Im Gegenzug zur Rentenbesteuerung im Alter können die Einzahlungen für die Altersvorsorge von der Steuer abgesetzt
werden. Seit 2023 sind sie voll von der Steuer absetzbar, auch in Folge des BFH-Urteils.

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Wann Sie als Rentner eine Steuererklärung abgeben müssen

Rentenerhöhungen können den steuerpflichtigen Anteil der Rente erhöhen. Liegen Sie oberhalb des steuerlichen
Grundfreibetrags, müssen Sie eine Steuererklärung abgeben – und womöglich auch Steuern auf ihre Rente zahlen.

Der Grundfreibetrag steigt jedoch jedes Jahr an. 2022 lag er noch bei 10.347 € für Singles und bei
20.694 € für
gemeinsam veranlagte Ehepaare. Seit 2023 liegt er bereits bei 10.908 € bzw. 21.816 €.

Sie sollten darauf achten, ob Sie als Ruheständler durch das Rentenplus in die Steuerpflicht
rutschen
und eine Steuererklärung abgeben müssen. Das kann etwa passieren, wenn Sie bereits mehrere
Rentenerhöhungen erhalten haben oder Ihre Rente von vornherein vergleichsweise hoch ausfällt. Informieren Sie
sich am besten bei einem Lohnsteuerhilfeverein, einem Steuerberater oder dem Bund der Steuerzahler.

Bild-Copyright: PhotoIris2021 / Shutterstock.com

Quellenangaben

  1. Deutsche Rentenversicherung: Rentenanpassung 2023
  2. Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) – Gesetzliche Rentenversicherung: § 68 Aktueller Rentenwert
  3. Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) – Gesetzliche Rentenversicherung: § 68a Schutzklausel
  4. Deutsche Rentenversicherung: Nachgelagerte Besteuerung
  5. Bundesfinanzhof: Urteil vom 19. Mai 2021, X R 33/19