Warum Sie sich nicht allein auf die gesetzliche Rentenversicherung verlassen sollten

Von Mauritius Kloft – aktualisiert am 04.04.2024

Überprüft von Dr. Sabine Theadora Ruh

Die gesetzliche Rentenversicherung bleibt die wichtigste Säule der Altersvorsorge in Deutschland. Neben
der regulären
Rente zahlt die gesetzliche Rentenversicherung auch bei Tod eines Versicherten Hinterbliebenenrenten, sprich die
Witwenrente oder Witwerrente und die Waisenrente, aus. Sollten Sie wegen eines Unfalls oder einer Krankheit nicht mehr
arbeiten können, Ihre Erwerbsfähigkeit also nicht mehr gegeben sein, haben Sie womöglich Anspruch auf eine Rente bei
Erwerbsminderung.

In diesem Artikel erfahren Sie, wie das System der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland funktioniert, wer
alles Beiträge in die gesetzliche Rente zahlt – und warum die Rentenkasse vor einem großen Problem steht.

Wann kann ich in Rente gehen?
Alles übers Renteneintrittsalter

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Altersvorsorge?
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Wie funktioniert die gesetzliche Rentenversicherung?

Das System der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland beruht auf dem sogenannten
Umlageverfahren. Das bedeutet: Die aktuellen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zahlen die Renten der
derzeitigen Rentnerinnen und Rentner. Im Gegenzug erhalten die aktuellen Erwerbstätigen in ihrem Ruhestand eine Rente
auf Basis ihrer eingezahlten Beiträge. Der Beitragssatz liegt aktuell bei 18,6 % des Bruttolohns
oder -gehalts. Arbeitnehmer und
Arbeitgeber zahlen jeweils die Hälfte, also 9,3 %.

Das Umlageverfahren wurde im Jahr 1957 von der damaligen Regierung des Bundeskanzlers Konrad Adenauer (CDU) durch eine
große Rentenreform eingeführt. Doch durch den demografischen Wandel gerät es stark unter Druck. Denn
immer weniger
Beitragszahler zahlen für immer mehr Rentner[1]. Aktuell geht die
Generation der sogenannten Babyboomer
(Geburtsjahre 1946
bis 1964) in den Ruhestand, was die Rentenkasse zusätzlich belastet.

Möglich ist in der Folge, dass die Rentenbeiträge oder das Renteneintrittsalter steigen könnten. Besonders die
Arbeitgeber pochen darauf, den Rentenbeginn nach hinten zu verschieben – von einer „Rente mit 70“ ist etwa die Rede. Das
Rentenniveau könnte indes sinken, aktuell liegt es noch bei etwa 48 %.

Das Rentenniveau ist ein Prozentwert, der das Verhältnis zwischen der Standardrente und dem
Durchschnittseinkommen widerspiegelt[2]. Die Standardrente bezieht sich auf die
Rente, die ein Versicherter nach 45
Beitragsjahren mit Durchschnittsentgelt erhält. Das Rentenniveau wird als Netto-Wert vor Besteuerung angegeben.
Das Rentenniveau ist in den vergangenen Jahren gesunken. Seit 2014 hat es sich bei rund 48 % stabilisiert.

Wichtig ist jedoch folgendes: Sinkt das Rentenniveau, bedeutet das nicht, dass die Renten ebenfalls sinken. Es
heißt lediglich, dass die Renten im Vergleich zu den Einkommen weniger stark steigen.

Nicht allein auf die gesetzliche Rente verlassen!

Neben den drei Stellschrauben Rentenalter, Beitragssatz und Rentenniveau, die sich durch den demografischen Wandel
ändern könnten, dürften auch die Bundeszuschüsse zur gesetzlichen Rentenversicherung in Zukunft
drastisch steigen. Diese werden über Steuermittel finanziert.

Um die Folgen für die Rentenkasse insgesamt einzugrenzen, gibt es Ideen, das aktuelle Rentensystem zu stützen. Auch
Selbstständige könnten beispielsweise in der Rentenversicherung pflichtversichert und so zu Beitragszahlern werden.
Konkret will der Bund zunächst eine Aktienrente einführen (siehe unten).

Trotzdem steht fest: Allein auf die gesetzliche Rentenversicherung sollten Sie sich nicht verlassen. Es ist ratsam, auch
privat vorzusorgen – etwa
indem Sie Ihr Geld am Aktienmarkt breit gestreut
anlegen. Auch Immobilien stellen eine gute
Möglichkeit dar, die Altersvorsorge zu ergänzen. Wer nicht selbst in die Rolle des Vermieters schlüpfen möchte oder bei
den aktuellen Preisen schlicht nicht genügend Geld für eine eigene Immobilie hat, kann etwa in Immobilienfonds investieren oder ein Teil
seines Geldes in digitale
Immobilieninvestments
stecken.

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Wer zahlt in die gesetzliche Rente ein?

Arbeitnehmer sind grundsätzlich pflichtversichert in der gesetzlichen Rentenversicherung. Angestellte
etwa müssen einen Beitrag leisten und erwerben im Gegenzug einen Rentenanspruch. Eine Versicherungspflicht gilt auch für
Auszubildende, Mütter oder Väter während der Kindererziehungszeit oder Menschen mit Behinderung[3].

Die gesetzliche Rentenversicherung ist im 6. Sozialgesetzbuch (SGB VI) geregelt. Hier steht
etwa, wer alles in der Rente pflichtversichert ist, wie sich die Rentenkasse finanziert und wer Anspruch auf die
verschiedenen Leistungen der gesetzlichen Rente hat. Das SGB VI trat im Wesentlichen 1992 in Kraft; es wird
durch Rentenversicherungsberichte jedoch ergänzt.

Anders als bei Arbeitnehmern sieht es bei den meisten Selbstständigen und Freiberuflern aus. Zwar sind beispielsweise
Handwerker und Hebammen ebenfalls pflichtversichert. Doch die meisten sind versicherungsfrei: Sie
müssen folglich keinen
Pflichtbeitrag zahlen, erhalten aber auch keine Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Sie können sich
allerdings freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung versichern, um so fürs Alter vorzusorgen.

Zeit- und Berufssoldaten als auch Richter sind ebenfalls nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert.
Beamte zahlen indes nicht in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Staatsdiener erhalten stattdessen eine
Beamtenpension.

Im Regelfall ist für die Organisation der Renten einer der regionalen Rentenversicherungsträger
verantwortlich. Das bedeutet: An diese fließen die Beiträge und von diesen erhalten Sie wiederum die Renten
ausgezahlt.

Eine Besonderheit gibt es für Beschäftigte im Bergbau, bei Bahnbetrieben oder in der Seefahrt. Für sie ist die
Knappschaft-Bahn-See tätig[4]. Diese Sonderstellung ist historisch
gewachsen; die erste
Knappschaft gab es bereits
vor mehr als 750 Jahren. Darüber hinaus ist die Knappschaft-Bahn-See für Minijobber zuständig.

Wie sicher ist die Rente noch?

Das ist die entscheidende Frage. Schon jetzt muss der Staat das System der gesetzlichen Rente jährlich mit einem
Milliardenbetrag stützen. So lagen die gesamten Bundeszuschüsse im Jahr 2020 bei mehr als 75 Mrd. €, in 2021
waren es 78 Mrd. € und in 2022 rund 81 Mrd. €.

Entwicklung der gesamten Bundeszuschüsse in Mrd. €

Entwicklung der Bundeszuschüsse
Quellen:
Deutsche Rentenversicherung Bund, Eigene Bearbeitung

Auch deshalb will die aktuelle Bundesregierung unter Kanzler Olaf Scholz (SPD) gegensteuern – und eine Aktienrente einführen. Offiziell läuft sie unter dem Namen „Generationenkapital“. Eine umfassende Rentenreform plant die Ampelkoalition jedoch nicht.

Wann kann ich in Rente gehen?

Auf die Frage nach dem Rentenbeginn gibt es keine pauschale Antwort. Wann Sie in Rente gehen können,
hängt grundsätzlich von Ihrem Geburtsjahrgang ab und von der Dauer der Einzahlungen in die gesetzliche
Rentenversicherung.

Um überhaupt einen Rentenanspruch zu erwerben und eine Altersrente von der Rentenversicherung
zu erhalten, müssen Sie mindestens fünf Jahre lang Beiträge gezahlt haben. Sie müssen also die
Mindestversicherungszeit erfüllen, meist auch Wartezeit genannt.

Grundsätzlich gilt eine sogenannte Regelaltersgrenze, die vom Jahrgang abhängt. So können Menschen, die
vor 1946
geboren sind, mit 65 Jahren in Rente gehen. Möchten Sie früher in Rente gehen, müssen Sie einen
Abschlag in Kauf nehmen. Für jeden Monat vor der Altersgrenze werden 0,3 % von Ihrer Rente
abgezogen – und zwar ein Leben lang.

Diese Regelaltersgrenze steigt seit einigen Jahren schrittweise an. Alle Versicherten, die ab dem Jahrgang 1964 geboren
sind, dürfen erst mit 67 Jahren in Rente gehen.

Unter bestimmten Voraussetzungen, etwa wenn Sie 45 Jahre lang gearbeitet und damit lange Beiträge zur gesetzlichen
Rentenversicherung
gezahlt haben, können Sie auch vor der Regelaltersgrenze ohne Abschläge in Rente gehen. Die eigentliche „Rente mit 63“ gibt es aber nicht mehr. Mehr zu den
genauen Regelungen der Altersrente lesen Sie in diesem Beitrag zum Renteneintrittsalter.

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Wie hoch ist meine Rente?

Pauschal lässt sich die Frage nach der Rentenhöhe nicht beantworten. Grundsätzlich gilt
jedoch: Die Höhe Ihrer künftigen Altersrente hängt von Höhe Ihrer Einzahlungen in die Rentenkasse ab. Denn mit den
Beiträgen zur Rentenversicherung sammeln Sie sogenannte Rentenpunkte, auch Entgeltpunkte genannt.

Versicherte erhalten genau einen Entgeltpunkt, wenn sie genau so viel verdienen wie der Durchschnitt der Deutschen.
Verdienen Sie mehr, sammeln Sie auch entsprechend mehr Entgeltpunkte. Ein Rentenpunkt entspricht aktuell () einem Rentenwert von , sowohl in den alten als auch den neuen Bundesländern. Ab Sommer 2024 soll er bei 39,32 € liegen.

Der Rentenwert wird jedes Jahr im Juli angepasst. Die Rentenerhöhung hängt von der
Lohnentwicklung ab: Sind die Einkommen der Deutschen im Vorjahr gestiegen, ziehen auch die Renten entsprechend
an. Sinken allerdings die Löhne, sinken die Zahlungen der Rentenkasse nicht. Das verhindert die staatliche
Rentengarantie. Mehr Infos finden Sie in diesem Beitrag zur jährlichen Rentenanpassung.

Allerdings sind die Rentenpunkte ab einer gewissen Gehaltshöhe begrenzt. Dafür sorgt die
sogenannte Beitragsbemessungsgrenze. Diese liegt im Jahr 2024 im Westen bei 90.600 €, im Osten bei 89.400 €.
Nur bis zu dieser Einkommenshöhe sammeln Sie Entgeltpunkte – mit jedem Euro, den Sie mehr verdienen, erhalten Sie keine zusätzlichen Rentenansprüche.

Die Rentenhöhe hängt nicht nur von den Rentenpunkten ab. Vielmehr sind die Entgeltpunkte Teil der sogenannten
Rentenformel:

Rentenhöhe = gesammelte Entgeltpunkte × Zugangsfaktor × Rentenartfaktor × aktueller
Rentenwert

Der Zugangsfaktor hängt davon ab, ob Sie vor Ihrem Regelalter in Rente gehen und womöglich Abschläge in
Kauf nehmen.
Der Rentenartfaktor richtet sich hingegen nach der Rentenart. Die Altersrente erhält beispielsweise den
Faktor „1“, kann also bei der Berechnung vernachlässigt werden.

Um Menschen zu unterstützen, die zwar viel gearbeitet, aber nur unterdurchschnittlich verdient haben, hat der
Bund 2020 die Grundrente beschlossen. Auf diesen
Aufschlag auf Mini-Renten haben rund 1,1 Mio. Rentnerinnen und Rentner Anspruch.

Renteninformation: bitte prüfen!

Um sicherzugehen, dass die Rentenversicherung sämtliche Beitragszeiten erfasst hat und Ihre Rente in Zukunft
ordnungsgemäß berechnet werden kann, sollten Sie Ihren Versicherungsverlauf überprüfen, sobald Sie die jährliche
Renteninformation erhalten.

In der Renteninformation können Sie feststellen, wie viele Entgeltpunkte Sie gesammelt haben und wie hoch
Ihre Rente voraussichtlich ausfallen wird. Diesen Brief sendet Ihnen die Deutsche Rentenversicherung jedes Jahr ab Ihrem
27. Lebensjahr zu[5] – sofern
Sie fünf Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt haben.

In der Renteninformation werden Sie womöglich ablesen, dass Sie Ihren bisherigen Lebensstandard im Alter allein durch
die gesetzlichen Rentenzahlungen nicht halten können. Dann ist es sinnvoll, privat fürs Alter vorzusorgen.

Bild-Copyright: © PantherMedia / pressmaster

Quellenangaben

  1. Roppel, C. (2020). Der demografische Wandel und die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland – Kapitaldeckungsverfahren, Erhöhung des Bundeszuschusses oder die Anhebung des Renteneintrittsalters als Lösung? In: Rebeggiani, L., Wilke, C.B. und Wohlmann, M. (Hrsg.). Megatrends aus Sicht der Volkswirtschaftslehre: Demografischer Wandel – Globalisierung und Umwelt – Digitalisierung. Wiesbaden: Springer Gabler. S. 33 f.
  2. Deutsche Rentenversicherung: Rentenniveau
  3. Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) – Gesetzliche Rentenversicherung: § 1 Beschäftigte
  4. Knappschaft-Bahn-See: Zuständigkeit der KBS
  5. Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) – Gesetzliche Rentenversicherung: § 109 Renteninformation und Rentenauskunft