Zertifikate: Fünf Fragen zu den komplexen Wertpapieren

Von Lana Iliev – aktualisiert am 21.02.2023

Anleger haben eine große Auswahl an Zertifikatstypen mit ganz unterschiedlichen Funktionen. Was es über Zertifikate zu
wissen gibt und welche der unzähligen Spielarten Sie kennen sollten, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Was sind Zertifikate?

Zertifikate sind strukturierte Finanzinstrumente. Zudem sind sie derivativ: Anleger investieren in ein festgelegtes
Bezugsverhältnis zu einem Basiswert (Underlying), wie beispielsweise Aktien, Anleihen oder Rohstoffe. Dadurch erhalten
sie die Möglichkeit, mit relativ geringem Kapitaleinsatz an einer positiven, negativen oder seitwärts tendierenden
Entwicklung des Basiswertes zu partizipieren. Oft bilden Zertifikate die zugrunde liegenden Basiswerte dabei
überproportional ab. Für Investoren bedeutet das die Chance auf ebenso überproportionale Gewinne – oder Verluste.

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Welche Arten von Zertifikaten gibt es?

Zertifikate stecken noch in den Kinderschuhen, denn das erste Zertifikat wurde in Deutschland im Jahr 1990 aufgelegt.
Dennoch gibt es inzwischen eine kaum überschaubare Vielzahl unterschiedlicher Zertifikatstypen und laufend kommen neue
hinzu. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über einige, bekannte Zertifikatstypen.

Art Beschreibung
Index­zertifikate Für ein Indexzertifikat auf den DAX muss der Anleger nicht 11.700 € aufwenden, sondern z.B. nur
ein Hundertstel (Verhältnis 1 zu 100) davon, also 117 €. Auf diese Weise profitiert der
Investor überproportional von Steigerungen des Index, ebenso profitiert er aber auch von
Kursverlusten. Indexzertifikate sind relativ gut überschaubar und werden daher auch von weniger
erfahrenen Anlegern als Investment genutzt.
Bonus­zertifikate Zu den bekannteren Zertifikaten gehören auch Bonuszertifikate und Discountzertifikate. Diese gibt es
ebenfalls auf Indizes oder auch z.B. auf einzelne Aktien. Bei Bonuszertifikaten ist das
Gewinnpotenzial aus Kurssteigerungen (Bonus) für den Anleger nicht beschränkt, sondern er profitiert
in voller Höhe davon. Gleichzeitig ist das Zertifikat mit einem Sicherheitspuffer, also einem
bestimmten Rückzahlungsbetrag zum Fälligkeitszeitpunkt, ausgestattet. Der Anleger erhält im Gegenzug
keine Zinsen auf den Basiswert – dies gilt im Übrigen auch für die anderen Zertifikate.
Discount­zertifikat Bei diesen Zertifikaten erhält der Anleger einen Rabatt auf den zum Erwerbszeitpunkt gültigen
Börsenkurs des Zertifikates. Über die Laufzeit wird dieser Abschlag kontinuierlich abgebaut, auch
wenn sich der Kurs des Basiswertes nicht verändert. Demgegenüber ist die Partizipation des Anlegers
an steigenden Kursen auf einen vorher festgelegten Kurswert (Cap) begrenzt.

Dies ist zugleich der maximal mögliche Rückzahlungsbetrag. Notiert die Aktie nicht oberhalb des Cap
Kurses, muss der Anleger ggf. in Kauf nehmen, dass er statt der Kapitalrückzahlung die zugrunde
liegenden Aktien erhält. Hierin besteht eine Parallele zu den unten beschriebenen Aktienanleihen.

Out­performance Zertifikate Diese Zertifikate sind dadurch gekennzeichnet, dass sie ab dem Basispreis überproportional an
Kurssteigerungen (z.B. 2:1) partizipieren, während Kursverluste nur 1:1 berücksichtigt werden.
Besonders attraktive Partizipationsraten bieten Zertifikate auf dividendenstarke Basiswerte mit
geringer Volatilität.
Sprint-Zertifikate Sprint-Zertifikate, auch als Bandbreiten­zertifikate bezeichnet, sind eine Sonderform der
Outperformance Zertifikate. Sie nehmen an Kurssteigerungen überproportional innerhalb einer
bestimmten Bandbreite (Korridor) teil. Sie sind also gedeckelt, d.h. mit einer Gewinnbegrenzung
(Cap) ausgestattet.
Schmetterlings­zertifikate Schmetterlings­zertifikate, auch als Butterfly Zertifikate, Win-Win Zertifikate oder Twin-Win
Zertifikate bezeichnet, sind Oberbegriffe für eine Produktfamilie, bei der Anleger bei Veränderungen
des Basiswertes nach oben und unten positiv partizipieren können. Ein eingebauter Hebel sorgt dafür,
dass das Zertifikat überproportional an Kurssteigerungen des Underlyings partizipiert (sog.
Outperformance).

Für Schwächephasen des zugrundeliegenden Basiswerts ist das Zertifikat mit einem komplizierten
Sicherheits­mechanismus ausgestattet. Kursrückgänge werden bei Laufzeitende nicht nur bis zu einer
bestimmten Barriere (sog. Protectlevel) aufgefangen, sondern der Anleger profitiert von diesen
Kursrückgängen.

Fällt der Basiswert während seiner Laufzeit von seinem Emissionsniveau aus nie auf oder unter die
festgelegte Barriere, erhält der Anleger den auf den Basiswert des Emissions­zeitpunktes bezogenen
Verlust 1:1 zum Rückzahlungs­zeitpunkt als Gewinn ausgezahlt. Schmetterlings­zertifikate sind eher
für starke Werte mit überschaubaren Kursschwankungen geeignet.

Tracker-Zertifikate Dieses Zertifikat kann eine Aktie oder einen Index als Basiswert haben. Der Basiswert-Kursverlauf
wird 1:1 abgebildet. Der besondere Vorteil dieser Zertifikate besteht darin, dass der Anleger auch
an Märkten partizipieren kann, zu denen er normalerweise keinen Zugang hat. Er kann z.B. am
Strompreisindex partizipieren.

In der Regel sind auch diese Zertifikate nicht dividendenberechtigt. Allerdings gibt es einige
Sonderformen, bei denen ein Dividendenabschlag für die erwartete Dividende bei der Preisfindung
abgezinst berücksichtigt wird. Sie sind unter den Namen Dividenden-Tracker oder Einkommensteuer- /
(ESt-)Tracker bekannt.

Aktien­anleihen Auch Aktienanleihen sind entgegen der missverständlichen Bezeichnung Zertifikate. Hierbei handelt es
sich um eine Kombination einer verzinsten Geldanlage mit der Möglichkeit, statt der Rückzahlung der
Anleihe Aktien eines bestimmten Basiswertes zu erhalten, allerdings nur, wenn der Wert der
zugrundeliegenden Aktie unter einen bestimmten, vorher festgelegten Kurs gesunken ist.

Der Anleger partizipiert also nicht an Kurssteigerungen der Aktie, wohl aber an Kursverlusten. Der
meist attraktive Zinssatz kann derartige Verluste teilweise kompensieren. Mehr zum Thema
Aktienanleihen finden Sie hier.

Hebel­zertifikate Diese Zertifikat-Sonderform zeichnet sich dadurch aus, dass sie (wie der Name schon sagt) mit einem
Hebel ausgestattet ist. Dazu zählen beispielsweise Knockout-Zertifikate. Diese und andere Hebelprodukte birgen jedoch
teilweise enorme Verlustrisiken.

Von den hier genannten Grundformen gibt es unzählige Abwandlungen, sodass für jeden Investor praktisch ein Vehikel zur
Ergänzung seines Portfolios zur Verfügung steht. Je nach Ausgestaltung des einzelnen Produkts bedienen Zertifikate
unterschiedliche Anlagepräferenzen und ermöglichen die Verfolgung unterschiedlicher Anlagestrategien.

Der Begriff „Investmentzertifikat“ bezeichnet irreführenderweise kein Zertifikat im derivativen Sinn. Dabei
handelt es sich lediglich um einen alternativen Begriff für Fondsanteile.

Wo können Anleger Zertifikate kaufen?

Zertifikate werden in Deutschland vorwiegend von Banken an Privatkunden ausgegeben. Gehandelt werden die ausgegebenen
Zertifikate an den Börsen in Stuttgart, Frankfurt, Berlin und Düsseldorf. Dennoch ist der Zertifikatehandel hierzulande
mehrheitlich außerhalb der Börse angesiedelt. Emittenten, die
Zertifikate ausgeben, sichern diese gewöhnlich gegen alle möglichen Risiken ab. So verdienen die emittierenden Banken
nicht an den Kursgewinnen der Zertifikate, sondern lediglich an den Gebühren und Spreads, die durch den
Zertifikatehandel zustande kommen.

Welche Vorteile bieten Zertifikate Privatanlegern?

Vorteile von Zertifikaten sind der gegenüber der Aktienanlage deutlich geringere Kapitaleinsatz und bei einigen
Zertifikatstypen der Zugang zu sonst nicht zugänglichen Märkten, wie beispielsweise dem Rohstoffmarkt.

Zudem bieten manche Zertifikatstypen die Möglichkeit auch in einem durch fallende oder stagnierende Kurse
gekennzeichneten Marktumfeld Gewinne zu erwirtschaften. Es findet kein aktives Management wie beispielsweise bei Fonds
statt, sodass Zertifikate vergleichsweise weniger Kosten verursachen.

Zusätzlich können mithilfe von Zertifikaten komplexe Anlagestrategien entwickelt werden. Dabei können Zertifikate
beispielsweise zur Risikoabsicherung eines Aktiendepots genutzt werden.

Welche Risiken bergen Zertifikate?

Den Vorteilen von Zertifikaten stehen eine Reihe von Risiken gegenüber. Zunächst wäre das Emittentenrisiko zu nennen. Da
Zertifikate Inhaberschuldverschreibungen sind, müssen Anleger im Falle einer Insolvenz der emittierenden Bank mit einem
Totalverlust rechnen. Zudem verfügen Halter von Zertifikaten über keinerlei Dividendenanspruch und erhalten meist keine
laufenden Zinszahlungen, da sie nicht unmittelbar in den Basiswert investieren. Gewinne werden lediglich über
Rückzahlungen generiert, die von der Wertentwicklung des Basiswertes abhängen.

Letztendlich besteht für Emittenten keinerlei Verpflichtung anfallende Kosten auszuweisen. Neben der Gebührenstruktur
der Zertifikate sind jedoch auch die Funktionsweise und die Risiken der komplexen Finanzprodukte selbst für erfahrene
Anleger oft schwer durchschaubar.

Zertifikate – Ein Finanzinstrument für Profis

Zertifikate sind komplexe Derivate, die zwar sinnvoll sein können, um Risiken abzusichern. Für unerfahrene Anleger sind sie aber
generell nicht zu empfehlen, denn sie enthalten oft unkalkulierbare Risiken. Sie sollten sich ein Investment folglich gut überlegen.

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