Artikel von Ralf Kretzschmar; aktualisiert am 14.04.2022
Im November 2019 kam es zum Tabubruch im deutschen Bankenwesen: Die Volksbank Fürstenfeldbruck erhob als erste Bank
negative Zinsen ab dem ersten Cent Guthaben für Neukunden. Bisher hatten Banken nur Einlagen von über 100.000 €
belastet. Die Volksbank sendete damit ein eindeutiges Signal: Sie verzichtet auf neue Kunden, da sie keine Gewinnchancen
mit deren Kapital erkennt. Es ist wahrscheinlich, dass weitere Banken dem Beispiel der Volksbank folgen und ebenfalls
Negativzinsen einführen werden. Erfahren Sie hier, warum es derzeit zu Negativzinsen kommt, wo Verbraucher diese zahlen
müssen und wie Sie diese umgehen können.
Wenn eine Bank negative Zinsen festlegt, erhalten Bankkunden kein Geld für ihre Einlagen,
sondern müssen selbst Zinsen bezahlen. In der Umgangssprache werden diese negativen Zinsen auch
Strafzinsen genannt.
Es handelt sich um eine Ausnahmesituation, die nur bei besonderen Rahmenbedingungen eintritt.
Entweder wollen Notenbanken mit den niedrigen Zinsen dafür sorgen, dass ausländische Investoren ihr Kapital abziehen
oder die Zentralbanken möchten mit diesem Mittel die Konjunktur beleben.
Für die aktuellen Negativzinsen in Europa ist
hauptsächlich die Europäische Zentralbank (EZB) verantwortlich. Deren Aufgabe ist es, für ein stabiles
Preisniveau im Euroraum zu sorgen. Deswegen schreibt die EZB eine jährliche Teuerungsrate bzw. Inflationsrate von
2 % vor.
In der Regel zahlen Banken den Verbrauchern für ihr angelegtes Geld Zinsen. Dies wird dadurch möglich, dass sie das
angelegte Geld zu einem höheren Zins als Kredit weiterverleihen. Der Nullzins und die negativen Zinsen der EZB machen
dieses Geschäftsmodell jedoch zunichte, da Kredite wegen ihm sehr günstig sind. Die Kosten für negative Zinsen, so
argumentieren die Geschäftsbanken, müssen an die Privatkunden weitergereicht werden. Dies ist zum einen durch
Kontoführungsgebühren oder eben auch durch Negativzinsen, die von den Banken als
Verwahrentgelt bezeichnet werden.
Deutschlandweit erheben mittlerweile laut dem Verbraucherportal
Biallo
etwa 260 Banken im Privatkundenbereich und etwa 330 Banken im Geschäftskundenbereich Strafzinsen. Dabei handelt es sich
hauptsächlich um Sparkassen, Volksbanken und Raiffeisenbanken (Stand: Januar 2021).
Die Negativzinsen betragen zwischen -0,20 % und -0,75 % und werden bei diesen Instituten in
der Regel für Neukunden und erst ab einem Freibetrag von 100.000 € erhoben.
Bei überregionalen Universalbanken wie der Deutschen Bank und der Commerzbank sind Negativzinsen für kleinere
Privatkunden immer noch ein Tabu – der Imageschaden wäre wohl zu groß. Bei Sparern mit weniger Guthaben werden die
großen Banken wohl auch in Zukunft weiter die Kontoführungsgebühren für Girokonten erhöhen, statt Negativzinsen zu
erheben.
Wohlhabende Privatkunden mit einem Guthaben von weit über einer Million Euro hingegen haben die Kreditinstitute aber
schon seit geraumer Zeit kontaktiert und gesonderte Vereinbarungen getroffen. Die Banken versuchen vor allem, die
Kunden von alternativen Anlagemöglichkeiten zu überzeugen.
Eine Zinswende ist derzeit noch nicht in Sicht. Mit der Ernennung von Christine Lagarde zur neuen Präsidentin der EZB am
1. November 2019 ist ein Kurswechsel der EZB weiterhin unwahrscheinlich. Zwar versucht sich Lagarde als Pragmatikerin
zwischen den „Falken“, die eine strikte Geldpolitik fordern, und den „Tauben“, die eine weitere Zinssenkung befürworten,
zu positionieren.
Es gilt jedoch als sicher, dass Lagarde bis auf Weiteres an der
Niedrigzinspolitik der EZB festhalten wird.
Die Zentralbank argumentiert weiterhin, dass sie mit den negativen Zinsen vor allem die schleppende Konjunktur
beleben möchte. Diese sei vor allem durch internationale Krisen wie dem Handelskonflikt zwischen den USA und China
ins Trudeln geraten.
Der Ministerpräsident von Bayern, Markus Söder, hat ein gesetzliches Verbot von Negativzinsen vorgeschlagen.
Eine Umsetzung des Verbots ist aber unwahrscheinlich. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages
räumt vor allem aufgrund der im Grundgesetz festgeschriebenen Vertragsfreiheit nur eine geringe Wahrscheinlichkeit für
ein gesetzliches Verbot ein.
Auch das Finanzministerium hat bekanntgegeben, dass es ein gesetzliches Verbot mit Blick auf Negativzinsen nicht
anstrebt. Kritiker der Negativzinsen hoffen deswegen weiterhin auf eine Zinswende der EZB.
Zwar steht ein vollkommenes Verbot von Negativzinsen nicht in Aussicht, dennoch wurde die Erhebung von Negativzinsen bei
Privatkunden mittlerweile durch mehrere Gerichtsurteile reguliert. So hat das Landgericht Tübingen in einem Urteil aus
dem Mai 2018
eine Erhebung von Negativzinsen auf bereits kostenpflichtige Girokonten für unzulässig erklärt. Als
Begründung führte das Gericht an, dass auf diese Weise ein und dieselbe Leistung doppelt bepreist werde. Bei Tages- und
Festgeldkonten ist diese doppelte Belastung hingegen prinzipiell möglich. Ein weiteres Urteil hatte das Landgericht
Tübingen bereits im Januar 2018 gefällt.
Demnach dürfen bei alten Verträgen nicht nachträglich Minuszinsen verlangt werden. Die Möglichkeit,
Negativzinsen zu erheben, muss stattdessen in einer vertraglichen Vereinbarung zwischen Privatkunde und Bank vorab
festgeschrieben werden. Das Gericht gab damit einer Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg statt.
Der Nullzins trifft Sparer besonders, denn
klassische Geldanlagen wie Sparbuch oder Tagesgeld werfen kaum noch Zinsen ab. Bei beiden Anlageformen
liegen die Zinsen derzeit in der Regel unter 0,5 %. Die Inflationsrate lag im Jahr 2020 hingegen bei 0,51 %.
Der sogenannte Realzins, der die Inflationsrate einbezieht, ist somit bei diesen Anlagen durchweg negativ. Das bedeutet,
dass Sparer in den letzten Jahren mit diesen Geldanlagen de facto Geld verloren haben.
* durchschnittlicher Tagesgeldzins bis zu 5.000 €
Quellen:
destatis.de
und
tagesgeldvergleich.net
, Stand: Januar 2021
In Zeiten von Negativzinsen ist es für Sparer deswegen ratsam, nicht zu viel Geld auf einem Tagesgeldkonto zu
lagern. Als Faustregel werden für Verbraucher nicht mehr als etwa drei Monatsgehälter als sogenannter „Notgroschen“
auf einem Tagesgeldkonto empfohlen.
Generell sollten Sparer flexibel sein und, falls Negativzinsen in Aussicht gestellt werden, das Geldhaus wechseln.
Allerdings wird sich auch dort mit einem Tagesgeldkonto ein negativer Realzins nicht umgehen lassen. Eine etwas
höhere Rendite bietet noch eine
Termingeldanlage wie das Festgeld, wobei das angelegte
Kapital für einen längeren, festgelegten Zeitraum nicht verfügbar ist. Doch auch mit Festgeld lässt sich die
Inflationsrate derzeit im besten Fall nur ausgleichen.
Wer negative Realzinsen meiden möchte, muss sich deshalb nach
risikoreichen und renditestarken Anlagen umblicken. Der Klassiker für eine Anlage mit hoher Rendite
sind dabei Aktien. Da diese allerdings hohen
Wertschwankungen unterliegen, zeigen sich deutsche Anleger weiterhin sehr skeptisch gegenüber dieser Anlageform. Um das
Risiko zu streuen bieten sich sogenannte
Aktienindexfonds bzw. ETFs an. Dabei handelt es sich um
börsennotierte Fonds, die einen bestimmten Aktienindex
nachbilden, wie beispielsweise den Deutschen Aktienindex (DAX).
Die Verwaltungskosten von ETFs sind zudem verhältnismäßig gering.
Eine neue Investitionsform stellt das Crowdinvesting in
Immobilien dar. Dabei schließt sich eine große Gruppe von Kleinanlegern über eine Online-Plattform zusammen, um
gemeinsam in Immobilienprojekte zu investieren. Auch hier kann das Risiko gestreut werden, indem die Anleger in
verschiedene Objekte investieren. Die Risikostreuung gestaltet sich mit von
BERGFÜRST vermittelten Anlagemöglichkeiten
aufgrund des geringen Mindestanlagevolumens von 10 € besonders einfach. Im Gegensatz zu einem Investment in Aktien
erhalten Anleger auf Anlagemöglichkeiten, die von BERGFÜRST vermittelt werden, einen
festen Zinssatz von 5,0 % bis
7,0 % p.a. Außerdem fallen für Anleger keine Verwaltungsgebühren für das Investment an. Die Laufzeiten
betragen je nach Immobilienprojekt zwischen einem und fünf Jahren. Das Immobilien-Crowdinvesting stellt somit eine
attraktive Alternative dar, mit einer mittleren Risikobereitschaft den Negativzinsen zu entgehen.
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